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Archiv-Artikel

Nun wird es doch ein Urteil geben

BRECHMITTEL-PROZESS

Von SCHN

Wider Erwarten wird das Verfahren gegen den Polizeiarzt, der dem aus Sierra Leona stammenden Laye Condé Ende 2004 so lange Brechmittel und Wasser einflößte, bis der ins Koma fiel und wenig später starb, nun doch nicht eingestellt.

Barbara Lätzel, Vorsitzende Richterin am Landgericht Bremen, hatte im Juni Verteidigung und Staatsanwaltschaft dazu aufgefordert, über eine Einstellung des bereits dritten Verfahrens gegen den Arzt nachzudenken. Seither hagelte es Proteste und die „Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé“ rief zur Unterzeichnung einer öffentlichen Protesterklärung auf. Dem kamen die Internationale Liga für Menschenrechte, der Verein „Ärzte in sozialer Verantwortung“ und die „Vereinigung Niedersächsischer und Bremer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger“ nach – auch PolitikerInnen unterschrieben.

Matthias Güldner, Fraktionschef der Bremer Grünen, warf Lätzel damals vor, den Bundesgerichtshof austricksen zu wollen. Der hatte bereits zwei Freisprüche für den Polizeiarzt kassiert und den letzten als „fast grotesk falsch“ bezeichnet. Eine Einstellung des dritten Prozesses hätte bedeutet: kein Urteil, keine Möglichkeit mehr auf ein Berufungsverfahren und damit das endgültige Ende des Brechmittel-Verfahrens. „Ein Justizskandal ersten Ranges wäre das“, sagte Güldner.

Lätzel ist sich sicher, dass der leitende Oberstaatsanwalt durch solche Aussagen beeinflusst wurde. Noch vor drei Wochen nämlich habe der angeregt, das Verfahren einzustellen, und nun habe er am vergangenen Freitag das Gegenteil angewiesen. „Ich habe ihm gesagt, dass ich mir nicht einmal im Traum hätte vorstellen können, welchen Einfluss Politik auf die Unabhängigkeit des Gerichts haben kann“, sagte Lätzel. Der nächste Verhandlungstag ist für den 31. Juli anberaumt, weitere folgen vorerst bis Ende November.  SCHN