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Archiv-Artikel

Der Wald ist leer gefegt

Brennholz ist bei den Berliner Revierförstereien ausverkauft. Zahl der Kaminöfen stieg im Jahr 2005 um zehn Prozent. Schuld an der Renaissance der romantischen Heizung sind steigende Energiepreise

VON TORSTEN GELLNER

„Katrina“ ist schuld daran, dass Marc Franusch ein gefragter Mann ist. Seit der Wirbelsturm die Ölpreise in weitere Höhen gepeitscht hat, ist Franusch auf Märkten oder Messen ein beliebter Ansprechpartner. Denn viele vermuten in dem Mann den Schlüssel zur Senkung ihrer horrenden Heizkosten. Doch der Sprecher des Landesforstamts von Berlin steht mit leeren Händen da: Das heiß begehrte Brennholz der 29 Berliner Revierförstereien ist restlos ausverkauft.

Es wird wieder mit Holz geheizt. Weil fossile Brennstoffe immer teurer werden, erlebt der Kaminofen als preisgünstige Wärmequelle eine Renaissance. Viele Berliner entdecken den energetischen Mehrwert der heimeligen Feuerstätten. Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung ist die Zahl der Berliner Kaminöfen im Jahr 2005 von 83.000 auf 92.000 gestiegen. Darunter sind nicht nur die klassischen Eigenheimbesitzer, sondern auch Mieter, wie Marc Franusch vom Forstamt weiß. „Wir beobachten, dass zunehmend auch in größeren Mietwohnungen über alternative Heizmethoden nachgedacht wird“, sagt er. „Der Wunsch nach einem schönen warmen, vielleicht auch romantischen Kaminofen beschränkt sich nicht mehr nur auf den Häuslebauer.“

Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer vom Berliner Mieterverein, mag unter seiner Klientel allerdings keinen größeren Hang zum Holzofen erkennen. „Es kommt nur sehr vereinzelt vor, dass Mieter ihre Wohnungen mit einem Ofen ausstatten wollen“, sagt er. „Ganz unproblematisch ist das ja nicht. Die Investitionen sind sehr hoch, außerdem besteht kein Anrecht auf Anschluss eines Ofens.“ Im Gegensatz zum Eigenheimbesitzer fehle den Mietern außerdem die Möglichkeit, das Brennholz aus dem Wald fachgerecht zu lagern. Schließlich sollten die frisch geschlagenen Scheite erst nach zwei Jahren verheizt werden.

Und noch etwas macht Hartmann Vetter bei dem Gedanken an eine Renaissance des Kaminofens skeptisch. Er befürchtet, dass einige Mieter ihre Öfen zur Müllverbrennung missbrauchen könnten. Er kann sich aber selbst beruhigen: „Eigentlich dienen solche Öfen ja sowieso eher der Verschönerung des Wohnklimas und nicht dem Heizen“, meint Vetter.

Das sieht man in den Baumärkten ganz anders. „Kaminöfen waren früher vor allem Dekorationsobjekt“, sagt Harald Günter, Sprecher der Baumarktkette Praktiker. „Heute werden sie als zusätzliche Raumheizung genutzt.“ Konkrete Zahlen aus seinem Haus, die den Boom dokumentieren, mag er nicht nennen. Nur so viel: Als „Katrina“ in den USA wütete, setzte der große Run auf Holzöfen ein. „Die Branche war regelrecht überfordert, zeitweise hatten wir Lieferengpässe“, sagt Günter. Ein Verkäufer in einem Berliner Baumarkt bestätigt den Trend. „Die Nachfrage ist schon gestiegen, wegen der Energiepreise, denke ich.“ Mehr kann er nicht sagen, die Kundschaft wartet schon wieder.

Wer in einen Ofen investiert, kann eine ganze Menge sparen. Zwischen 30 und 50 Prozent günstiger sei das Heizen mit Holz, sagt Marc Franusch. Anders als bei Öl und Gas sind die Preise für Brennholz aus Berlins Wäldern in den vergangenen zehn Jahren annähernd stabil geblieben. „Das wird wohl nicht mehr lange so bleiben“, sagt Franusch mit Blick auf die leer gefegten Brennholzvorräte. „Hochwertige Laubhölzer wie Buche oder Eiche, die einen guten Brennwert haben, liegen derzeit bei mindestens 35 Euro pro Kubikmeter. Wenn die Berliner weiterhin so viel verheizen, werden die Preise auf 40 Euro oder mehr ansteigen.“