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Archiv-Artikel

Schily wittert wahnhafte Angst vorm Staat

SPD Ex-Innenminister rät seiner Partei ab, Spähaffäre im Wahlkampf auszuschlachten. Steinbrück und Gabriel attackieren Merkel

Von GA

BERLIN dpa/afp/taz | Der frühere SPD-Bundesinnenminister Otto Schily rät seiner Partei, die Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA nicht als Wahlkampfthema zu nutzen. Man solle nicht so tun, als ob die größte Gefahr für die Menschen in Deutschland von der National Security Agency (NSA) ausgehe, sagte Schily dem Spiegel. „Die größte Gefahr geht vom Terrorismus und von der organisierten Kriminalität aus. Ich finde manches Getöse, was da im Moment zu hören ist, nicht angemessen.“ Die großen Parteien hätten nach seiner Einschätzung „bei diesem Thema kaum etwas zu gewinnen“. Die Furcht vor dem Staat trage „teilweise wahnhafte Züge, auch bei manchen Politikern von FDP und Grünen“, meinte der einst von den Grünen zur SPD übergetretene Exminister.

Schily hatte nach dem Terroranschlag 2001 als Innenminister der rot-grünen Bundesregierung die Befugnisse für Strafverfolgungsbehörden in Deutschland ausgebaut. Ein 2002 vom Bundestag beschlossenes „Terrorismusbekämpfungsgesetz“, von Kritikern auch „Otto-Katalog“ genannt, erlaubte unter anderem dem Verfassungsschutz, Informationen bei Banken, Fluglinien und Telekommunikationsunternehmen einzuholen.

Die SPD-Parteiführung kritisierte derweil erneut den Umgang der Regierung mit dem Spähskandal. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück attackierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und verlangte von ihr einen offensiveren Umgang mit den USA. Merkel sei den Amerikanern gegenüber „zu unkritisch“ und gehe mit dem Abhörskandal „mehr als lässlich“ um, sagte Steinbrück der Welt am Sonntag. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Merkel im Tagesspiegel vor, sie nehme Grundrechtsverletzungen in Kauf und ducke sich weg.

Immerhin ist Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) tätig geworden. Er beruft erstmals einen Beauftragten für „Cyber-Außenpolitik“. Den Posten soll der Diplomat Dirk Brengelmann übernehmen, der bisher als beigeordneter Generalsekretär für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik bei der Nato tätig war. Zuvor war er eine Zeit lang im Bundeskanzleramt tätig, wo er für die USA zuständig war. GA