Mann hat Vetorecht über Embryonen

Eine Britin wollte Embryo austragen, den ihr Ex-Partner in vitro befruchtet hatte. Der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte gibt dem Mann Recht, dass er als Miterzeuger auch eine Mitsprache an der Schwangerschaft hat

Der Mann kann gegen die Einpflanzung des Embryos in die Frau sein Veto einlegen

AUS FREIBURG CH. RATH

Die Britin Natallie Evans darf sich tiefgefrorene Embryonen nicht gegen den Willen ihres Ex-Partners einpflanzen lassen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg lehnte gestern eine Klage von Evans gegen die restriktive englische Rechtslage ab. Das Urteil betrifft auch die Situation in Deutschland, wo die Stellung des Mannes ebenso stark ist.

Natallie Evans und ihr Partner begannen im Juni 2000 eine künstliche Befruchtung in einer Klinik in Bath. Alsbald stellten die Ärzte jedoch eine Krebsgefahr für ihre Eierstöcke fest und empfahlen, diese zu entfernen. Zuvor führten sie jedoch einen In-vitro-Fertilisations-Zyklus durch und stellten dabei in der Petri-Schale sechs Embryonen her, die sofort tiefgefroren wurden. Anschließend wurden die Eierstöcke der Frau entfernt.

Nach zwei Jahren gaben die Ärzte Natallie Evans grünes Licht für die Einpflanzung eines der Embryonen. Inzwischen hatte sich jedoch ihr Partner von ihr getrennt und auch seine Zustimmung zur Einpflanzung und weiteren Lagerung der Embryonen zurückgezogen. Nach englischem Recht waren den Ärzten damit die Hände gebunden und sie kündigten die Vernichtung der Embryonen an.

Natallie Evans klagte in England erfolglos durch alle Instanzen und rief schließlich den EGMR in Straßburg an. Die englische Rechtslage verstoße gegen ihr Recht auf Privatleben und Familie, wie es in der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet sei. Es sei nicht gerechtfertigt, die Zustimmung des Mannes zur Einpflanzung des Embryos gleich stark zu gewichten wie die der Frau, da die Frau von der Schwangerschaft viel stärker betroffen sei. Die englische Rechtslage nehme ihr die einzige Möglichkeit auf ein leibliches Kind.

Der Gerichtshof lehnte nun aber ihre Klage mit fünf zu zwei Richterstimmen ab. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Evans kann noch die Große Kammer des Gerichtshofs anrufen. Bis dahin werden die Embryonen aufbewahrt.

Zur Begründung ihrer ablehnenden Entscheidung führten die Straßburger Richter gestern aus, dass es in dieser Frage keine eindeutigen Vorgaben aus der Menschenrechtskonvention gebe und auch keinen klaren europäischen Common Sense. Die Mitgliedsstaaten hätten deshalb einen weiten Spielraum bei der Gestaltung nationaler Gesetze, den die Briten nicht überschritten hätten. Die Straßburger Richter betonten, dass auch zahlreiche andere europäische Staaten dem Mann bis zur Einpflanzung die Zurückziehung seines Einverständnisses erlauben.

Auch in Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz die Befruchtung einer Eizelle, wenn die Einwilligung des Mannes, „dessen Samenzelle für die Befruchtung verwendet werden wird“, nicht vorliegt. Hierzulande dürfen zwar keine befruchteten Embryonen eingefroren werden. Konserviert werden aber Eizellen im Vorkernstadium, also kurz vor der Verschmelzung.