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Die WM auf dem Fahrrad

Auf dem Drahtesel durch das Revier zur Arena auf Schalke und zum Westfalenstadion: Als sportlich-kulturelle Vorbereitung auf die WM sucht die „Fußballtour Ruhrgebiet“ noch nach Kundschaft

„Emotionale Fußballgeschichte aus dem Pott von Trekkingrad zu Trekkingrad“

von CLAUDIA KÖNSGEN

Radtouren entlang des Rheins, der Ruhr oder durch die Eifel sind ein alter Hut. Dem Anlass entsprechend, als sportlich-geschichtliches Aufwärm- und Begleitprogramm zur Fußball-WM, haben sich Bernd Ulrich Büscher, Inhaber von Büscher Reisen aus Bochum, und seine Mitarbeiter eine 40 km lange Spritztour auf dem Fahrrad „mit Fokussierung auf das runde Leder“ ausgedacht.

Unter dem nicht anders zu erwartenden Motto „WM 2006 mit dem Rad“ bietet das auf „aktives und umweltgerechtes Reisen“ spezialisierte Unternehmen allen Radfreunden, deren Herz für schwarz-gelb oder blau-weiß schlägt und die dabei eine Affinität zum Ruhrgebiet und seiner Geschichte verspüren, Exkursionen an. Ob zu beiden oder nur einem der Ruhrpottstadien, der Arena auf Schalke und dem ehemaligen Westfalenstadion, liegt bei den Teilnehmern.

Die Ein-Tages-Trips, die jederzeit buchbar sind, werden je nach Wunsch der Radler direkt in Dortmund oder Gelsenkirchen gestartet. Treffpunkt für die Zwei-Tages-Tour ist Bochum. Von dort führt die Ruhrgebietsfußballspur mit Tradition auf dem Zwei-, Drei-, Liegerad oder Tandem über die Erzbahntrasse bis nach Gelsenkirchen. Diese zum Radweg umfunktionierte Bahnlinie hat zwei Vorteile: Zum einen hat sie keine Steigungen, zum anderen verläuft sie über Brücken, und somit überhalb des Straßenverkehrs. Dadurch hat man dauerhaft freie Fahrt, und wird nicht ausgebremst, wenn die Ampeln unter der Trasse auf rot springen. Links und rechts, wenn es dann bald Frühling wird, „ist der Blick freigegeben auf üppiges Grün in Abwechslung mit einen Panoramablick über das Ruhrgebiet“, rührt Büscher die Werbetrommmel.

Bisher hält sich die Nachfrage allerdings noch winterlich verschlafen in Grenzen – für Gedanken an Sport im Freien haben viele Hobbyradler derzeit wohl nicht viel übrig. „Den Fußballfan im klassischen Sinne“, der mit Fankutte, Abziehtatoobildchen vom Vereinswappen im Gesicht und der Fahne in der Hand ins Station geht, erwartet Büscher aber ohnehin nicht. Eher ziele das Programm auf „kritische fußballinteressierte Leute“, wozu durchaus auch Frauen und Kinder gehören, „die sich auch mal ein Länderspiel angucken“, keine Bewegungsmuffel sind „und das Ruhrgebiet auf diese spezielle Weise kennen lernen möchten“, charakterisiert Büscher seine zukünftigen Kunden. Er ist sich sicher, dass mit steigendem Außentemperaturen auch die Nachfrage in die Höhe klettert.

Tretfreudiger Fahrtenbegleiter der Ausflüge wird Andreas Lauf sein. Der gebürtige Ruhrpottler wird nicht nur den Routenplan im Kopf haben, sondern darüber hinaus vom Sattel aus, als Geschichtswissenschaftler in seinem Element, über die Historie des Ruhrgebiets und die der Traditionsclubs berichten. „Und das nicht ohne Emotionen“, verspricht Büscher. In die Bremse getreten und Halt gemacht wird überall dort, wo Vereinsgeschichte stattfand. Los geht‘s natürlich an den Geburtsstädten der beiden Clubs. Im Fall von Borussia Dortmund liegt der Nabel der Welt auf dem Borsigplatz, während die Wiege des FC Schalke auf dem Schalker Markt steht. Von dort aus wird in Gelsenkirchen die Glückauf-Kampfbahn angesteuert, bevor der Fahrradständer vor den Etappenhöhepunkten, den Stadien, ausgeklappt wird, um bei der sich anschließenden Stadionführung – je nach Kondition – zu verschnaufen und zu staunen. Anstelle von isotonischen Powerdrinks und Müsliriegeln wird an Spieltagen von Amateurmannschaften bei kleineren Zwischenstopps das traditionell-kulinarische Stadionmenu „Currywurst - Bier -Pommes“ bestellt und am Spielfeldrand genossen.

Im Hinblick auf die WM will Büscher Gästen aus aller Welt „emotionale Fußballgeschichte aus dem Pott von Trekkingrad zu Trekkingrad“ zu vermitteln. Dafür wird das Programm derzeit fleißig ins Englische übersetzt. Drahtesel sind für einen Aufpreis von sieben Euro mietbar, zusätzlich zu den 35 Euro für die Ein-Tages-Tour beziehungsweise 129 Euro für die Zwei-Tages-Tour mit Übernachtung und Frühstück. Damit die Exkursionsteilnehmer nicht nur den Fußball weiter im Herzen, sondern nach der Tour auch an der Lenkstange haben, gibt es als kleine Erinnerung, abgesehen von dem Muskelkater in den Waden, eine Fußballklingel. Die wird klassisch mit einem Fingertipp auf einen Metallfußballschuh betätigt.

www.buescherreisen.de

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