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Archiv-Artikel

Das Geheimnis des Nilbarschs

Bremer Bücher I: Michael Lüders hat mit „Aminas Restaurant“ einen multikulturellen Lesum-Roman vorgelegt. Dessen Message: Friede geht durch den Magen

Lesen macht selig: „Wir legen das Buch mit einem Lächeln aus der Hand“

Der berühmte „Sommer in Lesmona“, Magda Melchers tragisch-schöner Liebesroman, aus dem die Deutsche Kammerphilharmonie ein allseits beliebtes Festival gemacht hat, wurde schon vor 55 Jahren geschrieben. Insofern ist sehr zu begrüßen, dass Lesum mit dem Roman „Aminas Restaurant“ nun endlich erneut zum literarischen Nabel wird.

Autor Michael Lüders ist anerkannter Nahost-Experte, der Hamburger Arche-Verlag bezeichnet die Neuerscheinung gar als Gegenentwurf zum „Kampf der Kulturen“. Und das geht so: Der Marokkaner Sid Mohammed Boucetta eröffnet am Ufer der Lesum ein Restaurant, in dem seine Frau Amina die Nord-Bremer mit mediterranen Köstlichkeiten à la Nilbarsch an getrockneten Limetten verzaubert. Neben dem Essen kommt den Märchen eine völkerverbindende Funktion zu: Sid, der sein Deutsch mit den Büchern des Lesumer Afrikareisenden Gerhard Rohlfs gelernt hat, entrückt die Gäste mit orientalischen Geschichten. Wer dann noch nicht hin und weg ist, dessen Blick mag auf Tochter Jasmina fallen. Denn: „Jasmina lächelte, und ihr Lächeln machte Alexander auf der Stelle zu ihrem Gefangenen. Es war, als hätte er Couscous mit Datteln, Aprikosen und zartem Lammfleisch gegessen.“ Protagonist Alexander ist Student der Geo-Wissenschaften, der seine Zeugung der altersschwachen Handbremse eines in den Wümmewiesen geparkten Borgward verdankt, was wiederum den geplanten Coitus Interruptus seiner Eltern verhinderte. Will heißen: Auch die norddeutsche Tiefebene hat ihre zauberhaften Genesis-Mythen – Lüders liebt das Schwelgen in phantasievoller Romantik.

Also stattet er sein literarisches Personal mit entsprechend superlativen Eigenschaften aus. Schon das erste Auftauchen von Familie Boucetta auf dem Wochenmarkt wirkt, „als sei Lesum, dieser schöne, friedliche, manchmal etwas langweilige Stadtteil in Bremen-Nord, ein Teil des Orient geworden“. Kaum eröffnet, wird das Restaurant zum „Wallfahrtsort für all jene, die auf der Suche sind nach sich selbst, nach ihren Träumen und Sehnsüchten, nach einem Stückchen Glück“ – was will man mehr? Natürlich kommt eines Nachts „das böse Erwachen“, aber das schläft auch wieder ein, so dass am Schluss nicht nur „NDR Kultur“ sagen kann: „Wir legen das Buch mit einem Lächeln aus der Hand.“ Merke: Es gibt nichts Gutes, außer man kocht es. Im Anhang sind die Rezepte abgedruckt. Henning Bleyl

Michael Lüders liest heute (Donnerstag) um 19 Uhr aus „Aminas Restaurant“: Buchhandlung Leuwer, Am Wall 171