: Einblick (484)
Kens75, Graffitikünstler
■ 1989 begann Kens mit nicht-unbedingt-wasserlöslichen Stiften alle möglichen Flächen zu verschönern. Sein erstes richtiges Graffiti-Piece sprühte er im Jahr 1992 auf die Rückseite einer Garage in Tempelhof. Mitte der Neunziger war er Mitglied verschiedener Writercrews. Unter anderem bei WSK, wozu auch der mittlerweile verstorbene Writer Ruzd gehörte. 1997 bis 2000 gehörte er zur mittlerweile nur noch durch ihre Musik bekannten Gang BERLIN CRIME. Seit 2003 engagiert sich Kens im sozialen Bereich und macht Graffitiaufträge im öffentlichen wie privaten Raum.
Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?Abgesehen von einigen Ausnahmen öden mich die meisten Ausstellungen an. Bei fast allen Verunstaltungen dieser Art wird Geld verbrannt und die Zeit der Besucher verschwendet, um sich bei einem Häppchen Nichtigkeiten anzuschauen und gegebenenfalls darüber zu orakeln, was der Künstler mit seinem Werk suggerieren will. Es gibt Künstler, die haben unseren Horizont erweitert und deswegen in der Geschichte einen entsprechenden Stellenwert. Der Rest interessiert mich nicht. Im allgemeinen sind Künstler absolute Narzissten – und Writer sind Narzissten, die sich sich fast ausschließlich für Bilder anderer Writer interessieren. Wegen der Größe eines mit Sprühdose erstellten Bildes gibt es auch wenige Locations, die überhaupt die Fläche zur Verfügung stellen können, um eine große Bandbreite von Graffitis zu präsentieren. Unsere Kunstform findet im öffentlichen Raum statt. Es gibt Orte und Wände in der Stadt, von denen man weiß, dass man dort hingehen kann, um gute Bilder zu sehen. An diesen Plätzen entstehen auch ständig neue Kunstwerke. Am allerschönsten ist es natürlich, im Bahnhof zu stehen und ein gut besprühter Zug rollt als mobile Leinwand ein. Als Sprüher wirst du ständig und überall inspririert. Es gibt soviel Input in den Straßen Berlins, dass es der schiere Wahnsinn ist, wie vielfätig und kreativ das Thema Typografie von den Writern dieser Stadt angegangen wird. Noch mal zum Thema Ausstellungen: Es gibt wenige, die sich wirklich mit Graffiti befassen. Backjumps Live Issue ist da ein Beispiel und „The Fence“ von Yard5, wo aber eher kleinere Leinwände gezeigt werden. Diese Ausstellungen sind immer cool: Klassentreffen der besonderen Art! Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Ich bin immer gerne zu GOLDENE90er-The Good Mood Revival gegangen. Das war im Festsaal Kreuzberg. Ich bin gespannt, wohin die Party jetzt wandern wird. In jedem Fall drücke ich die Daumen für die Betreiber des Festsaals, sowie den Veranstaltern der Partyreihe, dass es bald weitergeht. Unter der Woche kann ich mittwochs das Atlas Pancakes empfehlen. Da findet ein sogenannter Sketch Circle statt, und es wird guter Funk und HipHop aufgelegt. Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich zurzeit durch den Alltag? Bücher lese ich fast nur von Terry Pratchett. Seine Schreibe ist mir sehr sympathisch und deswegen lese ich seine Bücher gerne auch mehrmals. Ansonsten nehme ich mir gerne mal Zeit für die Titanic und ein Lustiges Taschenbuch. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude? Die Kippe danach!