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AUF DER PARTYHemd hängt schief

Der ungebetene Besuch bringt die Party richtig in Schwung

Es ist erst Mitternacht, da verabschieden sich meine Gesprächspartner. Die Wodkaflasche, eigentlich mein Gastgeschenk, nehmen sie einfach mit. Ich bleibe alleine zurück, die Finger im Aktenordner eines mir unbekannten WG-Bewohners.

B. war nach dem Geschäftsessen nicht mitgekommen, weil ich ihm sagte, auf der Party trage man schwarze Jeans und alte Kapuzenjacken. Nun überlege ich ihn anzurufen, denn es war ja nur ein Scherz gewesen. Eigentlich. Sicher würde es ihn interessieren, dass meine Verabredung, ein preisgekrönter Jungautor, schön, schlau und wohl parfümiert, nach dem Zigarettenholen einfach nicht zurückgekehrt war.

Ein plüschiger weißer Hundewelpe, den eine junge Frau auf ihrem dürren Arm hält, tröstet mich darüber hinweg. Seine Zunge klebt unter der Schnauze wie eine rosarote Briefmarke. Ich will ihm gerade in die Wolle fahren, da klingelt die Polizei. Der Straßenzug gegenüber hat sich beschwert. Aber der Gastgeber – schwarze Jeans, alter Kapuzenpulli – hat alles unter Kontrolle. Er schäkert mit den Beamten, während dem DJ für eine Minute der Saft abgedreht wird. Der ungebetene Besuch bringt die Party erst so richtig in Schwung, der kleine Raum zwischen den großen Boxen füllt sich mit Tänzern. Sie stampfen und wanken, einige haben ihre Schuhe ausgezogen.

Derweil ist B. in Begleitung eines großen Flachmanns eingetroffen. Er trägt tatsächlich Anzug, das Hemd hängt etwas schief. B. fragt, ob ich ihn heiraten möchte, und verliert dabei fast das Gleichgewicht. Ich schicke ihn zu E., die sein Gesuch ebenfalls ablehnt, und so muss B. sich mit einem warmen Bier aus der Badewanne begnügen. Als er in einer ungünstigen Position mit beiden Armen zwischen den aufgeweichten Etiketten nach einer Flasche wühlt, verschwinde ich. Den Aktenordner stelle ich zur leeren Wodkaflasche im Erdgeschoss. SONJA VOGEL

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