: Werbung ist Firmen wichtiger als Sicherheit der Kunden
NSA Wieso ist Datenschutz Privatsache? Auch die Internetfirmen könnten hier deutlich mehr tun
FLORIAN GLATZNER, VZBV
BERLIN taz | E-Mails verschlüsseln, Browser wechseln, alternative Suchmaschine wählen – wenn über Privatsphäre im Internet diskutiert wird, geht es meist darum, wie sich der Nutzer schützen kann. Selbst Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) fordert, die Verbraucher müssten sich selbst mehr um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten kümmern. Dabei könnten auch die Internetkonzerne einen wesentlichen Teil dazu beitragen.
Das beginnt bei der Einrichtung eines E-Mail-Accounts. Für ein Konto bei einem der großen Anbieter muss man Namen und Adresse, Geburtsdatum und eine alternative E-Mail-Adresse, teilweise auch die Handy-Nummer nennen. Nötig wäre das nicht: Anders als Unternehmen, die im Telefonbereich tätig sind, müssen Mail-Anbieter laut Telekommunikationsgesetz keine Bestandsdaten erheben. Firmen wie Posteo bieten Postfächer anonym an – allerdings kostenpflichtig, denn mit Werbung verdienen sie kein Geld.
Die Daten nicht zu erfassen, läge im Interesse des Kunden. Denn über je mehr persönliche Informationen ein Unternehmen verfügt, desto mehr können Geheimdienste oder Strafverfolgungsbehörden abfragen. Die Konzerne jedoch wollen Daten sammeln, um etwa Werbung zielgerichteter zu präsentieren.
Ein weiterer Ansatz zum Schutz der Nutzer wäre die verschlüsselte Übertragung von E-Mails von einem Server zum anderen. Geheimdienste, die Daten an den Verbindungskabeln abzapfen, würden dann nur unverständliche Zeichenketten sehen. Doch die großen deutschen Provider verzichten darauf. Die Telekom etwa lässt zwar Mails ihrer Mitarbeiter – zu erkennen an der Endung @telekom.de – über verschlüsselte Server-Verbindungen laufen, die von Kunden aber nicht. Warum, verrät sie nicht. Auch GMX und Web.de ließen die Anfrage unbeantwortet. Ein Sprecher von Freenet gibt an, dass eine Verschlüsselung die reibungslose Kommunikation zwischen den Servern stören und so zu Behinderungen bei der Mailzustellung führen könne.
„Verschlüsselung lässt keine Mails verschwinden“, widerspricht Eugen Bier vom Rechenzentrum der Universität Hannover. Die Server würden sich automatisch über einen Verschlüsselungsmodus abstimmen.
Möglicherweise ist den Unternehmen die benötigte zusätzliche Rechenkapazität zu teuer. Posteo-Geschäftsführer Patrik Löhr sagt zwar, dass diese in seinem Unternehmen zu gering sei, um sie messen zu können. Aber Posteo ist mit 14.000 Postfächern auch ein verhältnismäßig kleiner Provider, T-Online hat knapp 20 Millionen Accounts.
„Eine einfache Verschlüsselung wäre schon ein guter Ansatz“, sagt Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband vzbv. Wenn Geheimdienste jedoch direkt aus den Unternehmen Hilfestellung bekämen, wie es bei Microsoft der Fall sein soll, oder Strafverfolgungsbehörden einen entsprechenden Beschluss erwirken, kämen sie trotzdem an die Daten heran.
Glatzner sieht die Unternehmen in der Pflicht: „Hier ist die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft gefragt.“ Es müsse einfache Methoden geben, die von dem Nutzer keinen zusätzlichen Aufwand und vor allem keine technischen Kenntnisse verlangten. SVENJA BERGT