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Archiv-Artikel

Nicht verpassen! Freiheits-Kohl

Von STG

„Deutsche in Amerika“, 22.20 und 23.15 Uhr, Arte

Falls Sie sich jemals gefragt haben, was die USA hat groß und stark werden lassen, hier ist die Antwort: wir, die Deutschen. Deutsche haben Lincoln zum Präsidenten gemacht, die Sklaverei abgeschafft, den Bürgerkrieg für die gerechte Sache gewonnen. Ja, mehr noch: „Deutsche bringen Lebensfreude ins Land der puritanischen Gründerväter“, raunt der Kommentar beim ersten Film des heutigen Arte-Themenabends „Deutsche in Amerika“.

Wie schon im ersten Teil vor einer Woche folgt Autor Fritz Baumann dem Weg mehrerer Familien von der Emigration aus Deutschland bis zu ihren heutigen Nachkommen in der Neuen Welt. Diese, zum Teil sehr anschaulich nachgespielten, Geschichten von Menschen wie dem glücklosen Schuster Gumpert, der mittellos in New York ankommt, den Teufelskreis der Armut nicht durchbrechen kann und der schließlich spurlos verschwindet, sind die Stärken der leicht konsumierbaren Dokumentation.

Dazu kommen zwei echte Erfolgsstories: Die des Journalisten Carl Schurz, der nach der 1848-Revolution Deutschland verlassen muss und es in den USA schließlich zum Innenminister bringt. Und die der Orgelbauerfamilie Steinweg, bis heute als Steinway & Sons Hersteller heiß begehrter Konzertflügel. Zu platt aber bleiben viele der Einordnungen in die politische Großlage, zu locker wird mit Filmmaterial umgegangen, das rein technisch erst rund ein halbes Jahrhundert nach den beschriebenen Ereignissen aus den 1840er-Jahren entstanden sein kann.

Eindrücklicher wirkt da der zweite Film des Abends, „Ein Volk verschwindet“. Er erzählt die Geschichte deutscher Immigranten, die Nazi-Deutschland verlassen mussten. Während der Tischlerlehrling Max Ebel trotz Internierung und Schikanen am Ende sein Glück machte, blieb die große Ärztin Helga Nathorff bis zu ihrem Tode 1993 eine Fremde im gelobten Land.

Und der Film zeigt auch, wie in beiden Weltkriegen ein großer Teil der deutschen Kultur und Lebensart in den USA ausgeblendet wurde. Und man lernt: „Freedom Fries“ sind keine Erfindung des Irak-Kriegers Bush. Schon 1918 wurde aus längst in den amerikanischen Speiseplan eingebürgertem Sauerkraut „Freedom Cabbage“, Freiheits-Kohl. STG