: „Die SPD hat längst zugestimmt“
Der Unions-Länderkoordinator Wolfgang Reinhart wundert sich über das Sperrfeuer gegen die Föderalismusreform und hält eine zweiten Reformstufe für unabdingbar
taz: Herr Reinhart, in der SPD gibt es einen Aufstand gegen die Föderalismusreform. Haben Sie Angst um die Mehrheit?
Wolfgang Reinhart: Nein. Der Bundestag gehört doch zu den Gewinnern der Reform. Er wird handlungsfähiger, und es kann seltener der Vorwurf erhoben werden, dass der Bundesrat blockiert. Deshalb sollte er das Paket nicht mehr aufschnüren. Die SPD hat übrigens über den Koalitionsvertrag der Reform längst zugestimmt.
Ärgert Sie die Kritik?
Das Sperrfeuer überrascht mich. Wer sich hier jetzt meldet, muss wissen, dass er die Reformfähigkeit des Landes gefährdet. Kein Geringerer als Vizekanzler Franz Müntefering war doch der Motor bei der SPD, der den Kompromiss ausgehandelt hat. Jetzt kann nicht jeder wieder mit seiner Maximalforderung ankommen.
Was halten Sie von der Idee einer Expertenanhörung von Bundesrat und Bundestag?
Ich hielte es für eine Placebo-Diskussion, wenn man noch mal viele Sachverständige heranzieht, die ja alle im Vorfeld schon gehört worden sind. Wenn es der Sache dient, verschließen wir uns dem nicht. Aber: Das Paket liegt vor. Es ist entscheidungsreif.
In der Länderkammer brauchen Sie die FDP über ihre Regierungsbeteiligungen für eine Zweidrittelmehrheit. Sind Sie sicher, dass die Liberalen mitmachen?
Die FDP wollte immer eine Föderalismusreform, und die Länder, in denen sie mitregiert, haben Zustimmung signalisiert.
Die FDP macht zur Bedingung, dass eine zweite Reformstufe folgt: Die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern sollen neu geregelt werden.
Die Forderungen halte ich für berechtigt. Die erste Stufe der Föderalismusreform bliebe sonst Stückwerk. Man würde sich allerdings überheben, wenn man jetzt noch die Finanzreform einpacken würde. Später müssen wir sehen, wie die Länder auch finanziell eigenständiger werden.
Steht dann der Finanzausgleich zwischen armen und reichen Ländern in Frage?
Der Länderfinanzausgleich gehört dazu. Nehmen Sie Baden-Württemberg: Wir haben hier immer die Hauptlast getragen. Wir stehen auch zu einer gewissen Solidarität. Aber für finanzschwache Länder muss es sich auch lohnen, sich anzustrengen.
Arme Länder wie Bremen oder Sachsen-Anhalt stünden ohne Transfers schlecht da. Erheben sie noch eigene Steuern, werden sie völlig unattraktiv.
Es geht nicht um die Frage, wer schlecht da steht. Es geht um Freiheit. Je mehr ich über Mischfinanzierungen und Ausgleichssysteme einebne, umso weniger schaffe ich eigenständiges Bemühen. Wer seine Hausaufgaben macht, muss belohnt werden. Wenn Baden-Württemberg erfolgreich ist, aber 2,3 Milliarden Finanzausgleich und nochmals nahezu 2 Milliarden Umsatzsteuerausgleich abgeben muss, führt dies dazu, dass wir selbst den Landeshaushalt nicht mehr ausgleichen können.
Warum schlagen Sie den armen Ländern nicht gleich Fusionen mit anderen Ländern vor?
So etwas braucht Zeit. Aber Baden-Württemberg ist das beste Beispiel, dass so ein Zusammenschluss trotz damaliger Widerstände eine Erfolgsgeschichte werden kann. Da kann ich andere Länder nur ermuntern. Zudem gibt es auch Kooperationsmöglichkeiten unterhalb einer Fusion. INTERVIEW: GEORG LÖWISCH