Wohnungsverkäufe : Ist Dresden ein Modell für Berlin?
Eine Stadt verkloppt ihren gesamten Wohnungsbestand, ihr Tafelsilber, an einen Finanzinvestor. Mit dem Deal entlassen die Dresdner Stadträte tausende MieterInnen in eine ungewisse Zukunft, sind aber ihre Schulden auf einen Schlag los. Die Querelen in der rot-roten Koalition über den Verkauf von Wohnungen der Wohnungsbaugesellschaft WBM sind gerade verstummt, schon doziert die FDP wieder über die Vorzüge einer „energisch praktizierten Verkaufspolitik“. Ist Dresden ein Modell für Berlin? Ja und nein.
Kommentar von ULRICH SCHULTE
Nein, weil eine bestimmte Menge städtischer Wohnungen zu vernünftiger Sozialpolitik gehört und armen Menschen billige Mieten garantiert. Nein aber auch, weil sich die mit 60 Milliarden Euro verschuldete Hauptstadt mit Verkäufen niemals aus dem Desaster befreien könnte. Die Landesbetriebe Gasag, Bewag und die Hälfte der Wasserbetriebe wurden Ende der 90er in Verzweiflungstaten zu Geld gemacht, fast ohne Effekt.
Ist Dresden ein Modell für Berlin? Ja. Diese leider realistische Antwort gründet sich auf die Geschichte der Wohnungsbaugesellschaften. Das Land ließ es in der Vergangenheit zu, dass deren Bosse sich durch Misswirtschaft profilierten, Schattenhaushalte anlegten, Schulden machten. Eine Kontrolle gab es nicht, dafür durften alternde Politiker in den Vorständen noch mal kräftig Kasse machen. Die Sünden werden dem Land auch in Zukunft auf die Füße fallen.
Das Hin und Her bei der WBM zeigte vor allem eines: dass der Senat immer noch kein Konzept hat, wie viele städtische Wohnungen wo nötig sind. Das Ergebnis des veritablen Koalitionskrachs lautete: Mit einem Minikompromiss vertagen wir das Problem auf später. Dresden wird auch für Berlin wieder aktuell werden. So traurig das ist.