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LIEBESERKLÄRUNGDietmar Woidke

AUCH DER VERWALTUNGSCHEF EINES ZWEI-MILLIONEN-LÄNDCHENS VERDIENT RESPEKT

Dietmar Woidke wird diese Woche zum kommenden SPD-Ministerpräsidenten von Brandenburg ausgerufen und schon geht das Gemecker los: „Dr. Sachlich“ übernimmt, heißt es. Ein weiterer in der Reihe blasser Verwaltungstypen an der Spitze deutscher Bundesländer, wird beklagt.

Nun kann der Woidke durchaus unblass einen Nationalparkdirektor loswerden, wenn der seine Bauernklientel zu sehr nervt, seine Lausitzer Heimat in ein Braunkohleloch verwandeln oder gekonnt geräuschlos die Polizistenstellen in Brandenburg um 20 Prozent vermindern. Aber was wäre schlimm daran, wenn er wirklich ein farbloser Verwaltungstyp wäre? Er ist wie die Mehrheit seiner MinisterpräsidentenkollegInnen der Vorsitzende eines Bundeslandes mit 10.000 Euro Schulden pro Einwohner und mäßigen Einnahmen. Die Politik wird beim Bund gemacht, ein wenig noch in den drei größten Bundesländern.

Da macht sich ein Zampano oder eine Volkstribunin in der Staatskanzlei doch lächerlich. Es wäre schön, wenn mehr Leute den Physiker an der Spitze Sachsen-Anhalts oder den Verwaltungschef in Niedersachsen kennen würden – aber wollen wir für diesen kleinen bildungsbürgerlichen Gewinn wirklich einen Rückfall in frühere Jahrzehnte? Wo in Hessen ein brutalstmöglicher Spendenverschieber Roland Koch herrschte? Oder einen wie Franz-Josef Strauß, der mit Diktatoren in der ganzen Welt freundschaftliche Geschäfte schloss und heimlich eine deutsche Atombombe bauen wollte? Ein paar Farbkleckse braucht man in der Spitzenpolitik, aber doch nicht in jedem Zwei-Millionen-Ländchen.

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