piwik no script img

Archiv-Artikel

Mindestlohn-Debatte Wo ist Laumann?

Das sollte der Politik zu denken geben: In Sachen Mindestlohn bekommt die ganz große Koalition aus CDU, SPD, FDP und Grünen Nachhilfe aus dem Unternehmerlager. Ausgerechnet der Verband der Zeitarbeitsfirmen will keine Dumpinglöhne, kann mit einem Lohnniveau von bis zu sieben Euro leben. Selbst progressive Arbeitnehmervertreter wie die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di fordern zunächst gerade einmal sieben Euro und fünfzig Cent.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

Dabei handeln die Arbeiterverleiher natürlich nicht uneigennützig. Der Vorstoß zeigt vielmehr: Die Leiharbeitsbranche, in der Vergangenheit selbst oft wegen mieser Löhne in der Kritik, steht unter Druck. Denn das Lohnniveau für Geringqualifizierte, die noch immer besonders oft vermittelt werden, ist derart gesunken, dass sich die Vermittlungstätigkeit kaum noch lohnt.

In der Praxis heißt das: Hotels ist die Reinigung eines Zimmers nicht einmal zwei Euro wert. Private Postzusteller kommen trotz einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und mehr nicht auf einen Bruttomonatslohn von 1.000 Euro. Leben kann man davon kaum – selbst die Pfändungsfreigrenze liegt bei 940 Euro.

Die Gewerkschaften schätzen, dass mindestens 2,5 Millionen Menschen trotz Vollzeitjob über kein existenzsicherndes Einkommen verfügen. Gefragt wäre da die Politik – auch die Regierung des größten Bundeslands Nordrhein-Westfalen. Deren Arbeits- und Sozialminister, der Christdemokrat Karl-Josef Laumann, sieht sich in der katholischen Soziallehre verankert, wird aber von der in Düsseldorf mitregierenden FDP ausgebremst. Dabei sagt Laumann selbst, dass es „eine sittliche Grenze, unter die die Löhne nicht fallen dürfen“, gebe. Faktisch aber tut Laumann nichts: Zum Mindestlohn hat er sich in diesem Jahr nur ein Mal geäußert. Ein Armutszeugnis, nicht nur für den Arbeitnehmerflügel der CDU.