: Von lechts nach rinks
Venezuelas Präsident Hugo Chávez verändert nicht nur die Verfassung, wie’s ihm passt – sondern auch die Fahne
Was sollte man von einer Revolution halten, die nicht einmal die staatlichen Symbole verändert? Nicht viel, muss sich Venezuelas Präsident Hugo Chávez gedacht haben, und weil die anderen Träume des großen Befreiers Lateinamerikas und ewigen Chávez-Vorbildes Simón Bolívar von der großen Einheit Lateinamerikas doch recht schwer umzusetzen sind, nutzte Chávez seine seit den letzten Parlamentswahlen erlangte Alleinstellung, um zum 200. Jahrestag der venezolanischen Fahne den sieben Sternen noch einen achten hinzuzufügen.
Der, so wollte es schon Bolívar im Jahr 1817, soll die Beteiligung Guayanas an der Befreiung symbolisieren und ziert von nun an also die gelb-blau-rote Fahne Venezuelas – „ein Symbol des Sieges“ sei der achte Stern, sagte Chávez, der im November wiedergewählt werden will.
Noch sichtbarer aber ist die Veränderung des Staatswappens, das Chávez gleich mit verändern ließ. Trottete vorher ein weißer Gaul recht behäbig nach rechts, so ist der Schimmel jetzt, auf dem neuen Wappen, in vollem Galopp nach links unterwegs. „Frei, schneidig trabt es nach links und zeigt die Rückkehr von Bolívar und Miranda – es lebe das Vaterland!“, rief Chávez am Sonntag, als er selbst zum Nationalen Tag der Fahne das neue Symbol hisste. Vor 200 Jahren, am 12. März 1806, hatte General Francisco de Miranda die gelb-blau-rote Fahne zum ersten Mal gehisst, die später das Zeichen Venezuelas werden sollte: Gelb für den Reichtum des Landes, Blau für den Ozean, der es von Spanien trennt, Rot für das Blut, das bei der Befreiung aus dem Kolonialstatus vergossen wurde.
Das ist so recht nach Chávez’ Geschmack. Der Präsident, der es in seinen ausufernden Reden schafft, sich binnen weniger Minuten als Erbe von Jesus, Mahatma Gandhi, Che Guevara, Simón Bolívar und bei Bedarf auch noch John Lennon oder Evita Perón darzustellen, liebt solche Symbole, die ihn selbst mit dem Hauch der Historie benebeln.
Das Pferdchen nun einfach nach links laufen zu lassen, mag für Chávez Tiefsinn bald zu platt erscheinen, ein paar lustige Bocksprünge wären durchaus auch denkbar gewesen. Wenn es nach Meinung der Opposition ginge, hätte ein störrischer Esel, der einfach rechts stehen bleibt, wohl besser gepasst.
Der deutsche Bundesadler übrigens blickt seit eh und je nach links – das aber so furchterregend halb beißend, halb speiend, dass man wünscht, er möge sich gnädig abwenden. BERND PICKERT