: Viel Kritik an Nußbaums Shoppingtour
WASSERBETRIEBE Grüne, Linke und Wassertisch halten mögliche Kaufsumme von 700 Millionen für zu hoch. Auch eine Senkung des Wasserpreises wird gefordert – die will man bei der SPD aber nicht versprechen
So zufrieden sich Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) am Dienstag nach seiner Shoppingtour in Sachen Wasserbetriebe in Paris gab, so unzufrieden waren am Mittwoch Oppositionsvertreter und der Wassertisch. Größter Kritikpunkt ist, dass der beabsichtigte und angeblich 700 Millionen Euro teure Rückkauf der Anteile des privaten Teilhabers Veolia wohl nicht mit einer klaren Preissenkung verbunden ist. Sinken die Wasserpreise nicht, sieht aber auch die mitregierende CDU keinen Sinn in einem Rückkauf. Sie will bei ihrer ersten Fraktionssitzung nach der Sommerpause Ende August diskutieren, ob sie den Deal mitträgt.
Nußbaum hatte am Dienstag mit den Chefs des französischen Mischkonzerns über die Übernahme von 24,9 Prozent der Wasserbetriebe verhandelt, die Veolia-Vorgänger Vivendi 1999 dem Land abgekauft hatte. Einen damals ebenfalls veräußerten gleich großen Anteil hat Berlin bereits 2012 vom Essener Unternehmen RWE zurückgeholt.
„Nußbaum bittet die Berliner doppelt zur Kasse“, sagte Klaus Lederer von der Linksfraktion. Zum einen werde sich an überhöhten Wasserpreisen nichts ändern. Zum anderen erwartet Lederer, dass nach einem Rückkauf im Unternehmen „Personalabbau, Arbeitszeitverdichtung und Leistungskürzungen“ anstehen, weil das Land den Kaufpreis mit den Gewinnen der Wasserbetriebe finanzieren wolle.
Auch Grünen-Wasserexpertin Heidi Kosche bleibt skeptisch. „Das ist eine Rekommunalisierung mit Pferdefuß“, sagte die Abgeordnete der taz, „weil die Berliner nichts davon haben.“ Denn eine Preissenkung sei nicht zu erwarten. Auch der Wassertisch, der den 2011 erfolgreichen Volksentscheid zur Offenlegung der Wasserbetriebe organisierte, verlangt niedrigere Wasserpreise und „keine Geschenke für den Wassermulti“ Veolia.
Eine Preissenkung aber konnte Daniel Buchholz, der in der SPD-Fraktion die Arbeitsgruppe Daseinsvorsorge leitet, gegenüber der taz nicht versprechen. Man habe den Bürgern von den Wasserkosten ja bereits 60 Millionen Euro erstattet, sagte er. „Natürlich haben wir Interesse an weiteren Preissenkungen, aber da müssen wir erst mal sehen, was noch geht.“ Für die CDU hingegen muss der Kauf einen konkreten Nutzen für die Bürger haben – nur zu kaufen, um wieder alleiniger Eigentümer zu sein, reicht ihr nicht aus.
Nicht äußern mochte sich Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU), als Aufsichtsratsvorsitzende des Unternehmens direkt betroffen. Der weitere Fahrplan sieht vor, dass der Finanzsenator zuerst seine Senatskollegen informiert, dann die Landesregierung Position bezieht und schließlich das Abgeordnetenhaus, das am 29. August wieder tagt, abschließend entscheidet.
STEFAN ALBERTI
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