: Mutter in den Tod abgeschoben
Berliner Initiative prangert tödliche Abschiebung einer kranken Kongolesin an. Die Mutter landete nach dem Rückflug mit ihren Kindern im Militärcamp statt in Klinik
BERLIN taz ■ Seit mehr als 18 Monaten liegt beim niedersächsischen Landtag eine Petition, die aus Härtefallgründen ein Bleiberecht für die Kongolesin Tschianana Nguya, ihren Ehemann und ihre Kinder erwirken sollte. Inzwischen ist die Eingabe teilweise überholt. Denn Tschianana Nguya ist tot. Wie jetzt erst durch Recherchen der Antirassistischen Initiative (ARI) Berlin aufgedeckt wurde, starb die 34-Jährige nach einem Abschiebedrama bereits am 7. Dezember 2004 in einer Klinik der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa.
Trotz ihres schlechten Gesundheitszustands war die Mutter zusammen mit ihren neun und zwei Jahre alten Kindern nach ihrer Abschiebung mehrere Wochen in einem Militärcamp interniert worden.
Die Nguyas hatten mehr als 10 Jahre mit ihrer Familie in verschiedenen Städten in Deutschland gelebt, zuletzt in Emmendingen in Niedersachsen. Ein erster Abschiebeversuch am 17. Februar 2004 war gescheitert, weil der Ehemann von Tschianana Nguya auf den Flug nach Amsterdam zusammenbrach und mit akuten Atemproblemen in ein Amsterdamer Krankenhaus eingewiesen werden musste. Die holländischen Behörden schickten die Familie daraufhin wieder zurück nach Emmendingen. Dort lebte sie einige Wochen ohne Papiere.
Als Frau Nguya wegen starker gesundheitlicher Probleme beim Ausländeramt einen Krankenschein beantragte, wurde sie festgenommen und mit ihren Kindern in die Demokratische Republik Kongo abgeschoben.
Nach Recherchen der ARI wurde die gesundheitlich angeschlagene Frau nach ihrer Ankunft am Flughafen von Kinshasa sofort in Polizeihaft genommen und mit den Kindern in ein Militärcamp verfrachtet. Erst kurz vor ihrem Tod kam sie ins Krankenhaus. Mitgefangene alarmierten nach ihrem Tod Verwandte der Familie, die die zwei Kinder zu sich holten.
Die ARI hat den Fall in der jüngsten Ausgabe der jährlich erscheinenden Broschüre „Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen“ dokumentiert. „Oft bedarf es aufwendiger Recherchen, um zu erfahren, was mit den Menschen nach ihrer Abschiebung passiert“, sagte Ute Sprenger von der ARI. So konnten die AntirassistInnen das Schicksal der Familie Nguya erst nach fast 15 Monaten öffentlich machen.
Die Berliner Rechtsanwältin Emmi Gleim Msemo, die für die Familie bereits die erste Petition in Niedersachsen eingereicht hatte, hofft nun, dass der Petitionsausschuss endlich ein positives Votum für die Familie fällt. Dann könnten die beiden im Kongo lebenden Kinder nach Deutschland zurückgeholt und der Aufenthalt des untergetauchten Ehemannes und des ältesten Sohnes von Frau Nguya legalisiert werden.
Ob dies gelingt, ist ungewiss. „Erst am vergangenen Donnerstag erhielt ich einen neuen Zwischenbescheid, dass die Behörden den Fall noch weiter prüfen müssen“, sagt die Anwältin der Familie. PETER NOWAK