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Archiv-Artikel

Düsseldorf befürchtet einstürzende Unis

Gegen die Föderalismusreform braut sich in NRW breiter Protest zusammen. Denn beim Hochschulbau soll das Land künftig finanziell weit schlechter abschneiden als Bayern und Baden-Württemberg. Uni-Rektoren warnen: „Die Substanz verrottet“

AUS BERLIN UND DÜSSELDORF CH. FÜLLER UND A. WYPUTTA

Geht man ein bisschen im nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium spazieren, kann man schnell der Panik begegnen. Von falschen Weichenstellungen reden da Beamte, schimpfen über strategische Niederlagen und bezweifeln, dass sich dieser Rückstand gegenüber Bayern jemals aufholen lasse.

„Wenn das Gesetz wird“, unkt ein Mitarbeiter des Düsseldorfer Hauses, „haben wir praktisch nur noch eine Chance: unsere Bausubstanz mit Hilfe privater Geldgeber am Leben zu erhalten, wie es die Uni Aachen gerade tut.“

Die Rheinisch-Westfälische Hochschule in Aachen sieht einem 40-Millionen-Euro-Zuschuss des Energieriesen Eon entgegen, um davon einen Neubau zu errichten. Aachen aber, heißer Anwärter, eine von drei oder vier deutschen Eliteuniversitäten zu werden, ist die Ausnahme. Ansonsten dürfte an den rund 54 NRW-Hochschulen künftig wenig gebaut und renoviert werden. Schuld daran ist die Föderalismusreform.

Die Reform benachteiligt NRW im Hochschulbau. Ein Viertel aller Studierenden ist in NRW eingeschrieben, aber dem Land stehen auf Jahre nur noch 15 Prozent der Baumittel zu – konkret 107 Millionen Euro. Die bevölkerungsmäßig viel kleineren Länder Bayern (120 Millionen Euro) und Baden-Württemberg (102 Millionen Euro) schneiden genauso gut oder besser ab.

Der Bundestagsabgeordnete Thomas Oppermann (SPD), ein Ex-Wissenschaftsminister, hat die Verteilung durchgerechnet. Würden bei der Neuordnung des Hochschulbaus die Studierendenzahlen berücksichtigt, dann könnte NRW pro Jahr 80 Millionen Euro mehr in seine Unis investieren. Das Land hat den Bauzuschuss bitter nötig. Die Kasse ist leer und die Unis sind baulich in beklagenswertem Zustand.

Anlass für die Investitionsbremse ist die Änderung der Bund-Länder-Zuständigkeiten, Föderalismusreform genannt. Bei den Gesprächen zum Hochschulbau schlug der Bayer Edmund Stoiber (CSU) vor, die Mittel so zu verteilen wie 2000 bis 2003. Der im Detail unsichere Franz Müntefering (SPD) stimmte zu – und die Malaise war da. Eine Veränderung des Verteilschlüssels wäre indes kein Problem. Wie die Länder sich die Mittel aufteilen, ist für die Föderalismusreform als Ganzes egal.

Aber die Ministerpräsidenten, allen voran NRWs Jürgen Rüttgers, wollen das Paket nicht mehr aufschnüren. Die Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt (SPD) ist deswegen sauer auf Rüttgers. „Der Ministerpräsident weiß offenbar nicht, was beim Hochschulbau beschlossen wurde“, sagt die Dortmunder Parlamentarierin. „Es wird Zeit, dass er sich kundig macht und die Interessen seines Landes vertritt.“

Tatsächlich mehren sich die Zweifel. „Das ist wie in der DDR – irgendwann verrottet die Substanz“, schildert Volker Ronge, Sprecher der Hochschulrektoren, die Situation der NRW-Unis. Er fordert, „andere, vernünftige Kriterien für die Verteilung zu finden, zum Beispiel die Studierendenzahlen“.

Auch Innovationsminister Andreas Pinkwart (FDP), Rüttgers’ Vize in der Landesregierung, findet „die Verteilung der Hochschulbaumittel ungerecht und unangemessen“. Und mit Michael Brinkmeier plädiert der erste Unionsmann in Düsseldorf für ein Nachdenken. Der CDU-Abgeordnete hält die Föderalismusreform für wichtig, aber die Hochschulbauverteilung für falsch. „Ich stimme Minister Pinkwart voll zu, Nordrhein-Westfalen muss mehr rausholen“, sagt Brinkmeier, hochschulpolitischer Sprecher der CDU.