: Venezuelas Politik verlagert sich in die Gerichtssäle
VENEZUELA Oberster Gerichtshof lehnt Anfechtung der Wahl ab und verurteilt den Oppositionschef
BUENOS AIRES taz | Venezuelas Oberster Gerichtshof hat den Einspruch der Opposition gegen die Präsidentschaftswahl am 14. April abgelehnt. Mehr noch: Oppositionsführer Henrique Capriles wurde wegen Verunglimpfung des Gerichts zu einer Geldstrafe von umgerechnet rund 1.300 Euro verurteilt. Zudem wurde die Staatsanwaltschaft aufgefordert, Ermittlungen gegen Capriles einzuleiten.
Der noch vor seinem Tod vom damaligen Präsidenten Hugo Chávez auserwählte Nicolás Maduro hatte die Wahl mit einem knappen Vorsprung von 230.000 Stimmen gewonnen. Die Opposition warf dem Sieger bereits am Wahlabend Manipulationen vor und erkennt das Ergebnis bis heute nicht an. Die Kläger konnten keine konkreten Vorgänge beschreiben, aus denen zwingend eine Modifikation des Wahlergebnisses nachzuweisen wären, heißt es in der Begründung der Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofs.
Capriles legte umgehend nach: „Wir haben diese Institutionen enttarnt, und das Volk wird dafür sorgen, dass sie sich ändern“, twitterte der 41-Jährige.
Die Entscheidung der Obersten Richter kommt weder für die Regierung noch für die Opposition überraschend. Capriles hatte stets verkündet, er werde die Vorgänge um die Wahl vor internationalen Instanzen verhandeln lassen. Um das aber tun zu können, musste die Opposition zunächst durch alle nationalen juristischen Instanzen gehen. Nun ist der Weg frei, auf die internationale Ebene zu ziehen.
Die politische Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition verlagert sich zunehmend auf die juristische Ebene. Bereits am Mittwoch wurde Capriles’ Bürochef im Gouverneursamt des Staates Miranda, Oscar López, verhaftet und dessen Wohnung durchsucht. Präsident Maduro selbst gab bekannt, dass die Regierung „einen Chef der Korruption und der Mafias der venezolanischen Rechten“ gefangen habe. Der sei „auf frischer Tat“ ertappt worden.
Tags zuvor hatte Parlamentspräsident Diosdado Cabello eine Mail präsentiert, die mutmaßlich sowohl López als auch Capriles mit dem Abgeordneten Richard Mardo in Verbindung bringt und eine Überweisung von vier Millionen Bolívares, umgerechnet rund 475.000 Euro, an Mardo bestätigt. Mardo, der der gleichen Partei angehört wie Capriles, sollte mit dem Geld angeblich die Sabotage der Wasserversorgung im Bundesstaat Aragua organisieren. Anfang der Woche wurde seine parlamentarische Immunität aufgehoben. Die Opposition nannte den Haftbefehl Teil „eines neuen Angriffs gegen jene, die nicht aufhören, für die Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit, Gerechtigkeit und Recht in Venezuela zu kämpfen“. JÜRGEN VOGT