: USA missionieren für die Kernenergie
Energieminister der G-8-Staaten treffen sich in Moskau. Kritiker monieren, dass Atomkraft nicht billiger sei
WASHINGTON taz ■ Der US-Energieminister Samuel Bodman ist auf Tour: In Pakistan, Kasachstan, Ungarn und Russland will er für die neue Energiepolitik der Bush-Regierung werben, wie er vorab ankündigte. In Moskau trifft er morgen seine Kollegen aus den anderen G-8-Staaten zu einem Energiegipfel.
Bis zum Jahr 2025 wollen die USA ihre Ölimporte aus dem Nahen Osten um 75 Prozent senken. Deswegen soll die Atomenergie verstärkt genutzt werden. Kürzlich kritisierte US-Präsident George W. Bush, dass sein Land nur 20 Prozent seines Strombedarfs durch Atomkraftwerke abdeckt – Frankreich komme auf 78 Prozent. In den USA wurden seit den 70er-Jahren keine Atomkraftwerke mehr gebaut.
Auch die Wiederaufarbeitung von Atommüll ist geplant, die vor über 30 Jahren aus Kosten- und Sicherheitsgründen gestoppt wurde. Dabei wollen die USA mit anderen G-8-Ländern wie Japan, Frankreich oder Russland zusammenarbeiten.
Zumindest die USA diagnostizieren eine globale Win-win-Situation. Man setze auf eine „nukleare Partnerschaft“. Die USA werde Atomstrom auch in Entwicklungsländern unterstützen, wenn deren Regierungen zustimmen, Atomkraft ausschließlich für zivile Zwecke zu nutzen. Nicht alle sind davon überzeugt. „Wir versuchen Staaten wie Nordkorea und Iran davon abzuhalten, ihr Nuklearprogramm auszuweiten – da ist es von der Bush-Regierung unverantwortlich, diese gefährliche Technologie weltweit verbreiten zu wollen“, entsetzt sich David Hamilton, Direktor des „Global Warming and Energy“-Programms des angesehenen Sierra Clubs. Hamilton ist überzeugt, dass die Bush-Regierung die nukleare Energieversorgung nur forciert, um ihre Millionen-Dollar-Steuergeschenke an die Industrie zu rechtfertigen. Es sei zudem eine Falschinformation, dass Atomstrom billig sei. Meiler in Oregon, New York, Maine, Illinois und Connecticut wurden noch vor dem Ende ihrer Laufzeit vom Netz genommen, da sie sich nicht mehr rentierten. Selbst das US-Energieministerium sei in einer Studie zu dem Schluss gelangt, dass neue Atommeiler kaum kostengünstiger wären als die gegenwärtige Generation.
ADRIENNE WOLTERSDORF