: Kein Termin frei im Kontrollgremium
GEHEIMDIENSTAFFÄRE Eigentlich soll SPD-Mann Frank-Walter Steinmeier am Montag im NSA-Kontrollgremium aussagen. Aber die Union verweigert seinen Auftritt und produziert einen Eklat
BERLIN taz | So aufgebracht und rotgesichtig wie an diesem Montagmorgen erlebt man Frank-Walter Steinmeier selten. „Ungeheuerlich“ sei die Entscheidung, poltert der SPD-Fraktionschef vor dem Sitzungssaal des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestagskeller.
Eigentlich, das zumindest war der Plan des Ex-Kanzleramtsministers, wollte er dort in diesen Minuten die Geheimdienstkontrolleure des Parlaments über seine Rolle in der NSA-Spähaffäre informieren. Doch nun will das Kontrollgremium den SPD-Mann nicht in den Parlamentsbunker lassen, wo Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) bereits Platz genommen hat. Seit Tagen verbreiten Unionspolitiker den Vorwurf, Steinmeier selbst habe 2002 im Kanzleramt seine Unterschrift unter eine geheime Vereinbarung gesetzt – und damit die von der SPD skandalisierte massenhafte Datenweitergabe an US-Geheimdienste erst möglich gemacht. Doch seine Selbstverteidigungsaktion passt ihnen an diesem Vormittag nicht ins Konzept. Mit der Mehrheit der Unions- und FDP-Abgeordneten habe das Kontrollgremium sein Angebot ausgeschlagen, schnaubt Steinmeier. „Statt die Suchscheinwerfer anzuschalten, werden von der Merkel-Regierung Nebelkerzen geworfen!“
Es ist Wahlkampf in Deutschland, auch an diesem Vormittag im Untergeschoss des Bundestags, wo sich das Parlamentarische Kontrollgremium zum wiederholten Mal zu einer Sondersitzung in Sachen Geheimdienstskandal trifft. „Wir sind entscheidende Schritte bei der Aufklärung weitergekommen“, prophezeite ein gut gelaunter Kanzleramtsminister Pofalla, schon bevor es überhaupt losgegangen war. Und der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Michael Grosse-Brömer kündigte an: „Die Skandalisierung löst sich in Luft auf.“ Er sei zuversichtlich, dass bald der Beweis gelinge: „Es hat keine millionenfache Grundrechtsverletzung gegeben – schon gar nicht in Deutschland.“
Selbstverständlich sieht die Union auch den Eklat um Steinmeiers geplatzten Auftritt an diesem Vormittag gänzlich anders als der düpierte SPD-Mann selbst. Ihre Version lautet: Statt frühzeitig das Kontrollgremium über den gewünschten Auftritt zu informieren, habe die SPD ihren „Coup“ erst Montag zu Beginn der Sitzung bekannt gemacht. Der Streit um die NSA-Affäre ist bei Terminspielchen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien angekommen. Viel tiefer geht es nicht mehr.
ASTRID GEISLER