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Archiv-Artikel

Der Sadist von Kaschau

Er leitete das Ghetto in der slowakischen Stadt Košice und lief gern mit einer Hundepeitsche herum. Zeugen erinnerten sich, dass er sie oft und gern auf Menschen niedersausen ließ. László Csatáry war berüchtigt für seine Grausamkeit. Der verurteilte Kriegsverbrecher starb am Samstag im 99. Lebensjahr in Budapest.

Der Ungar Csatáry, auch bekannt als Ladislaus Csizsik-Csatáry, war ein Polizeibeamter in Košice (deutsch: Kaschau) während der ungarischen Besatzung der Slowakei im Zweiten Weltkrieg. Er wurde zum Kommandanten des Ghettos ernannt und war beteiligt an der Internierung von Juden in einer Ziegelfabrik, aus der sie in die Vernichtungslager deportiert wurden.

Der Deportationsbefehl erging am 12. Mai 1944 als Konsequenz der Munkács-Konferenz. Dort wurde am 7. April 1944 beschlossen, die Juden im ungarischen Herrschaftsgebiet zunächst von der christlichen Bevölkerung zu separieren. Ungarn wurde damals von den faschistischen Pfeilkreuzlern unter Miklós Horthy als Reichsverweser regiert. Horthy verbündete sich mit Hitler und bekam zum Dank die nach dem Ersten Weltkrieg verlorenen Gebiete teilweise zurück – darunter die Slowakei.

Csatáry wurde das Erschießen wehrloser Menschen und die Beteiligung an der Deportation vorgeworfen. Dabei soll er verfügt haben, dass Menschen in überfüllten Viehwaggons weder mit Nahrung noch mit Wasser versorgt wurden. Sogar ein Lüftungsloch soll er ihnen verweigert haben. Nach dem Krieg wurde dem Exlagerkommandanten in der Tschechoslowakei in Abwesenheit der Prozess gemacht. Das Todesurteil wegen der Deportation von 15.700 slowakischen Juden nach Auschwitz konnte nicht vollstreckt werden, da Csatáry in Deutschland untertauchte und dann nach Kanada flüchtete. In Montreal lebte er als Kunsthändler bis 1997.

Dann wurde ihm die kanadische Staatsbürgerschaft wegen falscher Angaben entzogen. Csatáry kehrte nach Ungarn zurück und wäre dort friedlich gestorben, wenn der Jüdische Weltkongress und britische Reporter die Regierung nicht auf ihn aufmerksam gemacht hätten. 2012 wurde er erstmals verhört. Der Prozess hätte im September weitergehen sollen. RALF LEONHARD