: Gesucht wird der wahre Dolly-Schöpfer
Weltweit wurde Ian Wilmut für das von ihm kreierte Klonschaf Dolly gefeiert: Jetzt gab der Forscher zu, die Hauptarbeit habe ein Kollege geleistet
Bis jetzt galt der schottische Forscher Professor Ian Wilmut, der „Schöpfer“ der Klonschafes Dolly, als der Begründer des Klonzeitalters. Die erste Geburt eines geklonten Säugetieres im Juni 1996 wurde seinerzeit als Sensation gefeiert. Der Star, der dies erst ermöglichte, war Professor Ian Wilmut vom Roslin-Institut im schottischen Edinburgh. Mit Dolly rückte Wilmut in den Olymp der Forscher ein. Weltweit wurde Wilmut für Dolly geehrt und mit Wissenschaftspreisen überhäuft. Zu Unrecht, heißt es jetzt in britischen Zeitungen. Der wahre Erfinder der Klontechnik sei nicht Ian Wilmut gewesen. Der Forscherstar selbst gestand inzwischen auch ein, sein Anteil an Dolly habe lediglich ein Drittel betragen. Die anderen zwei Drittel hätte sein damaliger Institutskollege Professor Keith Campbell geleistet.
Der Experte für Zellbiologie Campbell verließ das Roslin-Institut, kurz nachdem die Dolly-Arbeiten abgeschlossen waren. Soweit öffentlich bekannt wurde, nicht im Streit mit Wilmut. In den wissenschaftlichen Publikationen über Dolly wurde Campbell auch immer als Autor mit aufgeführt. An erster Stelle aber stand Ian Wilmut.
Zur Sprache gekommen war das Thema Dolly bei einer Anhörung über Mobbing am Rosslin-Institut. Der ehemalige Rosslin-Forscher Prim Singh hatte Wilmut beschuldigt, er hätte ihn aus dem Institut aufgrund von Rassenvorurteilen vertrieben. Zudem hätte sich Wilmut seine Forschungsergebnisse angeeignet. Im diesem Zusammenhang wurde auch erörtert, wer welchen Anteil an der „Erfindung“ von Dolly hatte. Auf die Frage eines Anwalts, ob die Aussage „Ich schuf nicht Dolly“ korrekt sei, antworte Wilmut mit einem klaren „Ja“. Er habe die Experimente zwar nicht durchgeführt, aber das Forscherteam geleitet, führte Wilmut zu seiner Rechtfertigung an.
Ob jetzt Campbell die Ehre bekommt, als Dolly-Erfinder genannt zu werden, ist umstritten. Denn zum einen ist es in der Wissenschaft fast schon der Regelfall, dass der Forschungsleiter für neue Erkenntnisse den Ruhm erhält. Zum anderen aber reklamieren zwei Techniker des Rosslin-Instituts, dass sie eigentlich die Hauptarbeiten bei der Entwicklung von Dolly geleistet hätten. Bei der Dolly-Publikation in Nature seien sie aber lediglich in einer Fußnote genannt worden.
WOLFGANG LÖHR