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Archiv-Artikel

Zweiter Protesttag in Frankreich

Regierungschef macht Zugeständnisse beim Streit um den Erstanstellungsvertrag

PARIS taz ■ Am zweiten nationalen Aktionstag dieser Woche gegen den CPE – den Sonderarbeitsvertrag für junge Beschäftigte, der den Kündigungsschutz während der ersten zwei Arbeitsjahre abschafft – waren gestern in Frankreich mehr als 60 Universitäten bestreikt und hunderte von Gymnasien blockiert. An Dutzenden von Orten fanden Demonstrationen, mit oft zigtausenden TeilnehmerInnen statt. Mehr als zuvor waren auch HochschullehrerInnen auf der Straße sowie große Gruppen von SchülerInnen, viele von ihnen aus den Vorstädten. In Rennes, wo die Bewegung gegen den CPE im vergangenen Monat begonnen hatte, besetzten DemonstrantInnen das Rathaus. In Paris, wo rechtsextreme StudentInnen an den Vortagen Schlägereien ausgelöst hatten, befürchtete die Polizei erneut Auseinandersetzungen.

„Wir Wegwerfjugendlichen sagen: Non zu Villepin“, war in Paris auf Transparenten zu lesen. Oder: „Nein zur Sklavenarbeit“. AnglistikstudentInnen trugen den Slogan: „We are not young flesh for bosses“ (Wir sind kein Frischfleisch für Bosse). Am Vortag hatten von Nantes aus 46 HochschulrektorInnen an die Regierung appelliert, sie möge Verhandlungen aufnehmen. Die OrganisatorInnen der gestrigen Demonstrationen forderten die FranzösInnen auf, sich am Samstag, am dritten Anti-CPE-Tag dieser Woche, zu beteiligen. Die LehrerInnengewerkschaft FSU will zusätzlich in der nächsten Woche einen branchenübergreifenden Streik organisieren, falls die Regierung bis dahin an ihrem bereits verabschiedeten Projekt festhält, das den offiziellen Namen „Gesetz über die Chancengleichheit“ trägt. Die Gewerkschaftsfront ist so geschlossen wie selten.

Premierminister Dominique de Villepin, der den CPE ohne Konsultation mit Gewerkschaften und gegen den Willen mehrerer Fachminister vorgestellt und im Schnellverfahren durchgepaukt hat, hielt zwar noch an seinem Gesetz fest, machte aber bereits Zugeständnisse. Unter anderem will er die Probezeit von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzen und schon nach drei Monaten Arbeitslosengeld zahlen. Im rechten Lager dienen sich bereits mehrere PolitikerInnen als NachfolgerInnen für de Villepin an. Präsident Jacques Chirac aber hielt gestern noch an seinem Premierminister fest. Er verlangte gleichzeitig die Aufnahme eines „Dialogs mit den Sozialpartnern“. DOROTHEA HAHN