: Mittendrin dagegen sein
WIDERWILLEN Schlecht gelaunt: Während sich ringsum alle Welt selbstverwirklicht, bleiben „Fehlfarben“ was sie sind – zu cool für Politik und zu politisch, um cool zu sein
VON ROBERT MATTHIES
„Wir haben Angst, doch leider keine Zeit dafür.“ Wenn es gilt, die Irrwege und Absurditäten der jeweiligen Jetztzeit in griffige, Wandbild-taugliche Formeln zu übersetzen und mit dem angemessenen lakonischen Ekel ins Mikrophon zu nörgeln, ist Peter Hein, die alles bestimmende Stimme der „Fehlfarben“, auch nach 30 Jahren der, nun ja: der richtige Mann am richtigen Ort kann man wohl nicht sagen …
Schließlich benennt schon der Name der Düsseldorfer Punk-Pioniere – Hein war immerhin der erste Punk am längsten Tresen der Welt, der eine Lederjacke getragen hat – all jene Karten, die eben eins ganz sicher niemals sind: Trumpf. Und was der ehedem als „Kunst-Wichser“ und „Punk-Verräter“ Gescholtene von Respekt und demütiger Ehrerweisung hält, lässt sich auch mit größter Kraft nicht in zustimmendes Nicken verwandeln: „Respekt? Respekt? Verpiss dich bloß! Ehre? Ehre? Wenn ich das schon höre! Ehre? Ehre? Wenn ich so einen Scheißdreck höre! Jetzt hör mir mal zu, du Arsch!“, lautet das unmissverständliche Ende des neunten „Fehlfarben“-Albums „Glücksmaschinen“.
Während sich ringsum alle Welt beständig neu erfindet und selbstverwirklicht, bleiben „Fehlfarben“ was sie sind: zu cool für Politik und zu politisch, um cool zu sein. Mittendrin dagegen sein, lautet die Maxime auch drei Jahrzehnte nach dem bahnbrechenden „Monarchie und Alltag“. Und das gilt auch für die Musik: trotzige Post-Punk-Rotzigkeit, ein druckvoller Bass, ein paar New-Wave-Reminiszenzen, fertig – Moses Schneider hat die Band einfach spielen lassen.
Wobei eben auch am per „Du“ und „Wir“ vermittelten „mittendrin“ die Zeit nicht spurlos vorbeieilt. Und so hat man bisweilen, etwa wenn es in „Vielleicht Leute 5“ dem durch MySpace- und Facebook-Voyeurismus verwässerten Begriff der Freundschaft an die Kehle geht oder eben das Respekt-und-Ehre-Blabla junger Rapkünstler beschimpft wird, ganz deutlich den 53-jährigen Punk-Onkel vor Augen. Aber die Antwort der ihrer Jugendlichkeit verlustig gegangenen Zyniker gibt es eben auch: „Und wird das Grau auch mehr, wir brauchen keinen Neubeginn.“ Basta.
■ So, 28. 3., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66