: Aus Spionen sollen Keinohrspione werden
BND-NSA Nur eine Luftnummer? Das angekündigte „No Spy“-Papier lässt selbst Fachleute rätseln
BERLIN taz | Es sollte wohl nach einem Meilenstein in der Geheimdienstgeschichte klingen, einem glanzvollen diplomatischen Erfolg der Bundesregierung: Das von den USA vorgeschlagene „No-Spy-Abkommen“, verkündete Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) nach seinem Auftritt vor den Geheimdienstkontrolleuren, sei die „einmalige Chance, einen Standard zu setzen, der mindestens unter den westlichen Diensten stilbildend sein könnte für die künftige Aufklärung“. Wenig später meldete die Deutsche Presseagentur beeindruckt, ein „bislang beispielloses Anti-Spionage-Abkommen“ solle auf den Weg gebracht werden.
Doch was dieses Vertragswerk konkret beinhalten könnte, darüber rätseln selbst Fachleute. Solche „No-Spy“-Papiere seien bisher nur aus der Zusammenarbeit der USA mit ihrem engsten angelsächsischen Verbündeten bekannt, sagt Thomas Jäger, Kölner Professor für Außenpolitik mit Expertise im Geheimdienstsektor. Die Frage sei: „Sollen die Deutschen künftig auch in diesen engsten Zirkel der Geheimdienstkooperation mit den USA vorrücken – oder ist das eher eine PR-Aktion?“
Was es außer vagen Zusagen konkret zwischen BND und dem US-Geheimdienst NSA auszuhandeln geben könnte, vermag der Geheimdienstkenner nicht zu sagen. Sicher ist er sich aber in einem Punkt: Die Öffentlichkeit werde dieses Abkommen ohnehin nie zu sehen bekommen. „Und wenn wir doch ein Abkommen sehen werden, dann werden die interessanten Teile fehlen“, prophezeit Jäger. „Das ist so in diesem Geschäft.“
Könnte dieses Papier auch den Umgang von US-Behörden mit dem E-Mail-Verkehr deutscher Nutzer zum Beispiel via Googlemail regulieren? Jäger hält das für äußerst unwahrscheinlich. „Meine Vermutung ist, dass es nicht sehr konkret sein dürfte“, sagt er lakonisch: „Das liegt im beiderseitigen Interesse.“
Eine bloße Beruhigungspille also? So sieht es Wolfgang Neskovic, der als parteiloser Abgeordneter sieben Jahre für die Linke im Parlamentarischen Kontrollgremium saß. „In der jetzigen Situation ist ein solches Abkommen offensichtlich darauf angelegt, die Gemüter zu beruhigen“, sagt er der taz. Er könne sich „nicht vorstellen“, dass die Amerikaner „auf Ausspähversuche verzichten werden“. ASTRID GEISLER