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Archiv-Artikel

Easy, Jet

AUS LEIPZIG RICHARD ROTHER

Dem wichtigsten Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands steht rechtlich nichts mehr im Weg: Der Berliner Flughafen Schönefeld darf zum künftigen Hauptstadt-Airport Berlin Brandenburg International (BBI) ausgebaut werden und damit die bisherigen Berliner innerstädtischen Flughäfen ersetzen. Dies entschied gestern das Bundesverwaltungsgericht Leipzig in letzter Instanz. Das Gericht verfügte allerdings deutliche Korrekturen beim Lärmschutz für betroffene Anwohner: Nachts soll ein weitgehendes Flugverbot herrschen. Zudem soll es mehr Lärmschutzmaßnahmen an Gebäuden und mehr Entschädigungszahlungen für lärmgeplagte Gartenbesitzer geben.

Eine halbe Stunde benötigte der Vorsitzende Richter, um das Urteil mündlich zu begründen. Dabei kam es im großen Verhandlungssaal, der mit rund 250 Besuchern restlos gefüllt war, immer wieder zu Zwischenrufen empörter Anwohner. Sie fühlen sich vom Gericht verschaukelt, insbesondere die eng begrenzte Nachtschutzzeit von 0 bis 5 Uhr stieß auf höhnisches Gelächter. „Wann sollen unsere Kinder schlafen?“, fragte im Anschluss eine erregte Anwohnerin. Und ein anderer sorgte sich: „Ich möchte auch künftig auf dem Müggelsee segeln.“ Schon jetzt verursachten tief fliegende Flugzeuge einen Rußfilm auf dem Wasser. „Wenn eines abstürzt, haben wir die Katastrophe.“

Die Entscheidung, den künftigen Berliner Flugverkehr am Standort Schönefeld zusammenzufassen, sei „rechtmäßig und wirksam“, so das Gericht. Die Ablehnung stadtferner Standortalternativen sei ebenfalls frei von Abwägungsfehlern. Die Hauptgründe für den Ausbau von Schönefeld rechtfertigten das Ausbauvorhaben, auch wenn an anderen Standorten wesentlich weniger Menschen betroffen wären.

Als Hauptgründe erkennt das Gericht die Nähe Schönefelds zur Bundeshauptstadt, die gute Einbindung in das bestehende Verkehrsnetz und das größere wirtschaftliche Potenzial eines stadtnahen Flughafens an. Defizite weise allerdings das Lärmschutzkonzept auf, hier verlangt das Gericht deutliche Korrekturen. Weitere wasserrechtliche oder Naturschutzhindernisse sieht das Gericht nicht.

Die Flughafenplaner zeigten sich mit dem Urteil zufrieden. „Das sieht gut aus“, so Planer-Sprecher Ralf Kunkel. „Die Auflagen sind monetär beherrschbar.“ Konkrete Zahlen könne man aber noch nicht nennen. Vertreter aus Wirtschaft und Politik begrüßten das Urteil als Durchbruch. Durch den Flughafen versprechen sie sich die Schaffung tausender neuer Jobs. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sprach von einem Meilenstein. Das Projekt werde ein Signal für Investitionen setzen. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck sagte: „Das ist vielleicht die wichtigste Entscheidung seit der Wiedervereinigung für die ganze Region.“

Gegen das Projekt hatten rund 4.000 Anwohner geklagt. Diese Klagen waren zu vier Musterklagen im bislang größten Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes zusammengefasst worden.

Der Flughafen soll 2 Milliarden Euro kosten und 2011 in Betrieb gehen. Die Kosten teilen sich Berlin, Brandenburg und der Bund; auch die Flughafengesellschaft soll zur Finanzierung beitragen. Der neue Airport wird zwar die Drehkreuz-Funktionen der Großflughäfen Frankfurt und München nicht übernehmen können, aber das eine oder andere Flugzeug aus Osteuropa und Fernost dürfte künftig zuerst in Berlin landen. Schließlich sparen die Fluggesellschaften in diesem Fall eine – nicht gerade billige – Flugstunde.