: Im besten Fall nichts weiter als Geplänkel
SUHRKAMP Gerichte in Berlin und Frankfurt widersprechen sich, die Lage bleibt verworren
Auf feuilletonistischer Ebene – der Ebene, auf der man versucht, einen Sachverhalt intellektuell zu durchdringen und seine Erkenntnisse möglichst genau, klug und unterhaltsam aufzuschreiben – kann man über den Fall Suhrkamp schon länger verzweifelt. Irgendwie fällt einem dazu nichts mehr ein. Zum Beispiel sind längst die zugkräftigen Metaphern ausgegangen.
Die Metapher von der Suhrkamp-Soap ist längst ausgelutscht. Die von dem Boxkampf, in dem die beiden Kontrahenten Ulla Berkéwicz und Hans Barlach verfangen sind, kann man auch nicht mehr bringen. Die vom Schachspiel, in dem die eine Seite immer auf die Züge der anderen Seite reagiert, ist auch nicht mehr neu. Und die von den beiden Ertrinkenden, die einander umklammert halten, um den anderen möglichst vor einem selbst ertrinken zu lassen, ist sowieso nicht sonderlich originell.
Dabei ist die Lage so verworren, dass eine gute Metapher nicht schlecht wäre, um sie zu beschreiben. Auf der einen Seite ist sie hoch kompliziert. Da zieht nämlich eine Verlagsgeschäftsführung, die nach einem allerdings noch nicht rechtskräftigen Gerichtsurteil längst abgesetzt ist, eine Insolvenz durch, die vielleicht gar keine richtige Insolvenz ist, von einem Berliner Gericht aber eingeleitet wurde, während sie fast zeitgleich von einem Frankfurter Gericht verboten wurde. Am Dienstag ist nun eine weitere Wendung hinzugekommen. Nun muss die Suhrkamp-Familienholding von Ulla Berkéwicz noch ein Ordnungsgeld von 250.000 Euro zahlen, weil sie sich nicht an eine Verfügung des Frankfurter Gerichts hält, die die Insolvenz aufhebt, die aber gleichzeitig längst durchgeführt wird, und zwar ordnungsgemäß. Keine Ahnung, was als Nächstes kommt. Vielleicht reitet bald eine Frankfurter Polizei-SEK-Einheit in Berlin ein und besetzt die Räume des Suhrkamp Verlags? Ausgeschlossen ist offenbar nichts.
Damit aber keineswegs genug. Auf der anderen Seite besteht auch immer noch die Chance, dass die Lage eigentlich ganz einfach ist. Wenn nämlich die Geschäftsführung und die Familienstiftung mit ihrer faktensetzenden Insolvenz weiter durchkommen und den Verlag dabei, wie geplant, in eine Aktiengesellschaft umwandeln, was die Rechte des Minderheitsgesellschafters Hans Barlach sehr einschränken würde, dann werden die sich widersprechenden Gerichtsurteile nichts weiter als Geplänkel gewesen sein. Aber wer weiß nun wieder andererseits schon, was Barlach sich noch ausdenkt. Derzeit sieht es so aus, als würde er mindestens bis vors Verfassungsgericht gehen.
Was man schon wissen kann: Die zukünftige Rolle von Ulla Berkéwicz, falls denn aus Suhrkamp eine Aktiengesellschaft werden sollte, ist noch nicht klar. Daraus, dass laut Insolvenzplan drei Aufsichtsratsmitglieder benannt wurden, hat die SZ gefolgert, dass sich Berkéwicz auf das operative Verlagsgeschäft verlegt. Bislang ist sie, was oft kritisiert wird, operierende Verlegerin und deren Aufsichtsrätin zugleich. In einer Aktiengesellschaft geht das aber rechtlich nicht mehr. Aber diese Spekulation ist nicht richtig. Es wurde zunächst nur ein insolvenzrechtlich geforderter Gründungsaufsichtsrat benannt. Eine Entscheidung darüber, wie die Rolle von Ulla Berkéwicz genau aussieht, ist damit noch nicht gefällt.
So viel für diesmal. Fortsetzung folgt bestimmt. Zur Sicherheit sei noch angemerkt, dass das mit der Frankfurter SEK natürlich als Witz gemeint war. Man weiß ja nicht, wer hier noch auf welche Gedanken kommt.
DIRK KNIPPHALS