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Archiv-Artikel

Wunschzettel für ein grünes Berlin

Als erste Berliner Partei verabschieden heute die Grünen ihr Wahlprogramm. Sie wollen mehr Geld für Kitas und Unis ausgeben, Gesundheits-, Medien- und Umweltunternehmen stärker fördern und Autofahren im Zentrum verteuern

Das Wahlprogramm, das die Grünen-Delegierten heute verabschieden wollen, könnte auch den Titel „Mehr Geld für Bildung, Wirtschaftsförderung und Umweltschutz“ tragen. Auf 65 Seiten fasst es zusammen, was die Partei in den kommenden fünf Jahren alles erreichen will. In der Regierung, versteht sich. Denn laut Landeschef Till Heyer-Stuffer wollen die Grünen im September „die verschlafene rot-rote Regierung ablösen und drittstärkste Kraft werden“.

„Bildung, Bildung, Bildung“, propagiert die designierte Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bohlig, werde für die Zukunft des gesellschaftlich heterogenen, armen Berlins entscheidend sein. Nur wer seit frühester Kindheit Zugang zu Wissen gehabt habe, könne später selbstbestimmt leben. Deshalb fordern die Grünen einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz auch für Kinder unter drei Jahren. „Kindern mit Sprach- und Entwicklungsverzögerungen“ wollen sie den Besuch von Ganztagskitas erleichtern. Langfristig sollen Kitas für die Eltern kostenfrei werden. Als ersten Schritt auf dem Weg dahin planen die Grünen, „das letzte Kita-Jahr vor Schuleintritt gebührenfrei“ zu machen.

„Mehr Eigenverantwortung“ heißt die Devise für Berlins Schulen. Ein eigenes Personalbudget und eine Vertretungsreserve für dauerkranke LehrerInnen sollen Schulleitungen helfen, den Unterrichtsausfall zu beheben.

Das Uniangebot wollen die Grünen bis zum Jahr 2011 auf „100.000 Studienplätze bis zum Master“ ausbauen. Heute gibt es 84.000 Studienplätze. Finanzieren soll das unter anderem der Länderfinanzausgleich. Das Wahlprogramm rechnet vor, dass jeder, der zum Studieren nach Berlin ziehe, der Stadt 2.500 Euro jährlich einbringe.

Das wird nicht reichen. Deshalb machen die WahlkämpferInnen folgende Rechnung auf: Berlin werde in den kommenden Jahren 500 bis 700 Millionen Euro mehr als heute zur Verfügung haben. Davon wollen die Grünen jährlich 100 bis 150 Millionen für die Bildung abzweigen. Der Großteil des Geldes, verspricht Eichstädt-Bohlig, solle in die Schuldentilgung fließen.

In der Wirtschaftspolitik setzen die Grünen auf die Ergebnisse der Enquetekommission „Eine Zukunft für Berlin“ vom vergangenen Jahr. Unternehmen der „Gesundheits- und Kreativwirtschaft“ – beispielsweise Vivantes, Charité und MTV – sollen expandieren können und weitere Firmen anlocken.

Berlin ist laut Eichstädt-Bohlig nach Freiburg Deutschlands „zweitwichtigste Solarstadt.“ Um Nummer 1 zu werden, wollen die Grünen eine Solaranlagenverordnung erlassen. Gleichzeitig will die Partei in guter Ökotradition Busse und Bahnen stärken. „Wir wollen dem Auto mehr abverlangen“, so Eichstädt-Bohlig. Für denkbar hält sie eine Vignette für Autofahrer innerhalb des S-Bahn-Rings. MATTHIAS LOHRE