DAS MÄDCHEN NAMENLOS : Spielplatzhorror
Kinder sind furchtbar. Laut, aufdringlich, distanzlos. In der Bahn krabbeln sie dir die Beine hoch. Ich war früher oft in einer Eisdiele am Helmholtzplatz, wo ich mich jetzt nicht mehr hintraue, weil einem die Gören, wenn man nicht aufpasst, sofort die Waffel aus der Hand reißen. Versucht man jedoch, sein rechtmäßig erworbenes Eigentum zu verteidigen, rennen sie heulend zu ihren Eltern. Und die steinigen einen dann. Zumindest mit Blicken.
Überhaupt Prenzlauer Berg. Es gibt einige Spielplätze dort, wo ich mich der Assoziation zu dem Horrorbaby aus „Trainspotting“ nicht erwehren kann. Und das multipliziert mit hundert.
Doch, ich will auch mal Kinder. Und ja, Kinder sind toll. Sonst würde ich keine Theaterkurse an einer Grundschule leiten. Wie die spielen können! Was die für Ideen haben! Großartig!
Neulich bin ich mal nachmittags die Kastanienallee runtergelaufen. Viele Leute, Gedränge. Da springt ein strahlendes kleines Mädchen an der Hand ihres Vaters auf mich zu und ruft begeistert „Lea!“, und ich sage „Du!“ und kann mich ums Verrecken nicht an ihren Namen erinnern. Es ist immer dasselbe: Die Namen der Jungs kann ich als Erstes. Es ist furchtbar und unter Gendergesichtspunkten nicht zu vertreten, aber die Wahrheit: Jungs machen immer Probleme. Deshalb muss man sich ihre Namen schnell merken, um sie zurecht zu weisen, sonst hat man keine Chance.
Als Nächstes lernt man die Namen der Integrationskinder, weil man auf die besonders aufpassen muss. Na ja, und dann bleiben zwei Dutzend entzückende, intelligente, fleißige und höfliche kleine Mädchen übrig, die man bis zum Ende des Kurses nicht namentlich in seinen Kopf gehämmert kriegt. Ganz peinlich wird es, wenn man Ronja dann mit Emma verwechselt, die nämlich in diesem Kurs gar nicht drin ist, sondern letztes Jahr dabei war. Ach, Erwachsene sind schrecklich! LEA STREISAND