JOGGEN UND TRÄUMEN : Schneegipfel
Heute Nacht habe ich wieder von Julias Brüsten geträumt. Es ist ein ziemlich unschuldiger Traum, der damit beginnt, dass ich eine Wanderung in den Alpen machen will. Es ist noch früh am Morgen, und ich stehe unten im Tal und schaue hoch zu den schneebedeckten Bergen.
Aber der Reihe nach: Julia ist die Frau von Stefan und Stefan ist ein guter Freund. Jeden Freitag gehe ich mit ihm zusammen Joggen, letzten Freitag im Volkspark Friedrichshain. „Wie geht es Tobias und Julia?“, fragte ich. Tobias ist der Sohn von Julia und Stefan, und er ist genau drei Wochen alt.
„Julias Brustwarzen sind wund“, sagte Stefan. „Aua“, sagte ich, denn das war etwas, das ich gut nachempfinden konnte. Im Frühjahr 2004 war ich auf Hiddensee einen Halbmarathon mitgelaufen, und als ich im Ziel ankam, spürte ich nicht meine Beine, sondern meine Brustwarzen. Sie waren durch das permanente Reiben am Trikot wundgescheuert.
„Sie darf weder Hautcreme noch Körperpuder oder Massageöl benutzen. Tobias würde das beim Stillen weglutschen, und das ist nicht gerade gesunde Babykost.“ „Hört sich nach einer schmerzhaften Zwickmühle an“, sagte ich. „Und jetzt?“ „Sie hat bei ihrer Hebamme angerufen.“ „Und die hat ihr geraten, auf Flasche umzusteigen?“, fragte ich. „Nein.“ Stefan schüttelte den Kopf. „Puderzucker.“ „Puderzucker?“ Ich sah ihn verständnislos an.
„Die Brustwarzen mit Puderzucker einstäuben. Das hilft bei der Wundheilung.“ „Hm“, sagte ich und hatte ein Bild im Kopf.
Der Traum endet damit, dass ich auf einer Berghütte ein Vesper mache. Julia, Stefan und Tobias sind auch in der Hütte. Julia sitzt am Fenster. Die Sonne scheint, wie sie nur in den Bergen scheint, und ein Lichtstrahl fällt über ihre Schulter auf ihre puderzuckerbestäubten Brüste.
Tobias sieht sie zufrieden an. Er wird bestimmt eine glückliche Kindheit haben. DANIEL KLAUS