: „Es war schrecklich und wurde immer schlimmer“
PROZESS Zeugin kritisiert den Therapeuten, der wegen eines tödlichen Drogencocktails vor Gericht steht
Im Prozess wegen der Verabreichung eines tödlichen Drogencocktails bei einer Gruppentherapie hat eine Zeugin am Montag das Verhalten des angeklagten Arztes kritisiert. Nach Aussage der Frau vor dem Landgericht wurde sie von dem Psychotherapeuten nach dem Tod eines 59-Jährigen aufgefordert, die anderen Teilnehmer wegzubringen. „Könnt ihr die nicht alle nehmen und mit denen wegfahren?“, habe der Psychotherapeut „ganz ruhig“ gefragt. Das sei für sie „ganz furchtbar“ gewesen, sagte die Frau. Sie habe gehofft, dass er dem später im Krankenhaus verstorbenen 28-Jährigen helfen würde, um den sie sich sorgte.
Im Zusammenhang mit dem Tod der beiden Patienten bei einer „psycholytischen Intensivsitzung“ muss sich der 51 Jahre alte Therapeut vor dem Landgericht wegen versuchten Mordes, Körperverletzung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Er soll im September in seiner Hermsdorfer Praxis sieben Patienten einen Cocktail aus Methylon und Ecstasypulver verabreicht haben. Zwei starben, fünf weitere mussten stationär behandelt werden.
Im Fall des 28-jährigen Opfers erhebt die Staatsanwaltschaft den schwersten Vorwurf. Der kollabierende Mann soll vor dem Eintreffen der Rettungskräfte in die Privatwohnung des Mediziners gebracht worden sein, um die Drogenvergabe zu verheimlichen. Da der Patient bei sofortiger Behandlung möglicherweise hätte gerettet werden können, lautet die Anklage auf versuchten Mord.
Die 53 Jahre alte Zeugin war nach eigenen Angaben eine von wenigen Patienten, die die Einnahme von Substanzen abgelehnt hatten. Der Angeklagte habe zwar nicht gesagt, sie müsse diese nehmen. Er habe aber betont, dass damit ihre Probleme „schneller zu lösen“ seien. Diese Äußerung habe sie persönlich noch stärker unter Druck gesetzt.
Die Zeugin erinnerte sich, dass die anderen Patienten nach dem Ecstasykonsum anfingen, zu zittern und Geräusche zu machen. Sie hätten „unglaublich geschwitzt“. „Es war schrecklich und wurde immer schlimmer“, so die 53-Jährige. Sie habe helfen wollen. Der Therapeut habe aber geäußert, das sei „das Böse in uns“ und „jeder soll bei sich bleiben“. Daher habe sie geglaubt, die Reaktionen seien gewollt. Heute habe sie Schuldgefühle, weil der Notarzt den 28-Jährigen dadurch zu spät gesehen habe.
Nach Aussage des Angeklagten wollte er die Patienten nicht verstecken, sondern ihnen die „direkte Auseinandersetzung“ mit dem Tod des 59-Jährigen ersparen. Zu Prozessbeginn hatte er die Verantwortung für den Tod der Männer übernommen. Die Wirkung der Drogen habe er „völlig falsch eingeschätzt“. Andere Zeugen hatten bestätigt, die Substanzen freiwillig eingenommen zu haben. (ddp)