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Archiv-Artikel

„Die Miris“ suchen das Gespräch

BAUSTELLEN-ÜBERFALL Eine Bremer Journalistin hat ein Gespräch zwischen Mitgliedern der Mhallamiye-Familien und Bauarbeitern vermittelt, die vor zwei Wochen in der Neustadt überfallen worden waren

Von EIB
„Es soll ein Signal sein, dass nur wenige aus diesen Familien kriminell sind“

Beate Krafft-Schöning

Als positiv bewertet die Polizei Bremen ein Vermittlungsgespräch am Montag zwischen Vertretern von arabischen Mhallamiye-Familien und vier Bauarbeitern, die am Donnerstag vorvergangener Woche auf ihrer Baustelle von rund 30 Männern überfallen worden waren. Ein großer Teil von ihnen soll den in Bremen meistens als „Miris“ bekannten 30 arabischen Mhallamiye-Familien angehören.

„Es ist ein vernünftiger Ansatz, ins Gespräch zu kommen“, sagte gestern Polizeisprecher Dirk Siemering. Die laufenden Ermittlungen würden aber unabhängig davon geführt und das Gespräch ersetze in keiner Weise eine strafrechtliche Verfolgung, sondern habe lediglich der Verständigung gedient, so Siemering.

„Es soll ein Signal nach außen sein, dass nur wenige aus diesen Familien kriminell sind und ihr Verhalten von der großen Mehrheit abgelehnt wird“, sagte gestern die Journalistin Beate Krafft-Schöning, die das Gespräch vermittelt hatte. Sie kennt einige Mitglieder der rund 30 Familien mit insgesamt 2.600 Angehörigen – seit einer Recherche, die sie vor fünf Jahren begonnen hatte. Der Überfall habe bei vielen der ihr bekannten Mhallamiyes das Gefühl ausgelöst, dass es so nicht mehr weiter gehe. „Schließlich müssen das alle ausbaden, wenn ihre Verwandten kriminell sind“, so Krafft-Schöning. „Mit bestimmten Familiennamen bekommen Sie inzwischen in Bremen keinen Ausbildungsplatz mehr und bereits kleine Kinder werden geächtet.“

Bis Montag seien die Leute mit dieser Botschaft aber nicht nach außen getreten, sondern hätten nur nach innen gewirkt. Dabei stimmt sie zu, dass es bereits weitaus schlimmere Taten als den Baustellenüberfall gegeben habe, beispielsweise die Schießerei auf der Discomeile vor siebeneinhalb Jahren. Damals waren sechs Menschen – darunter zwei unbeteiligte Discobesucher – zum Teil lebensgefährlich verletzt worden. Aber die Machtstrukturen innerhalb der Familien würden sich erst jetzt langsam wandeln. „Die heute 30-Jährigen gewinnen an Selbstbewusstsein“, sagt Krafft-Schöning.

Bis zu dem Gespräch am Montag mit den Bauarbeitern habe er befürchtet, dass diese ersten Ansätze der Verständigung durch den Überfall zunichte gemacht worden seien, sagte gestern Thomas Müller, Integrationsbeauftragter der Bremer Polizei, der ebenfalls bei dem Gespräch dabei war. Doch das sei so gut gelaufen und auch von den verletzten Bauarbeitern so gut aufgenommen worden, dass er jetzt auf eine Verstetigung des Austauschs hoffe.

Dafür will Krafft-Schöning mit Basem Khan, der selbst zu den betroffenen Familien gehört und Mitglied im Integrationsrat ist, einen Verein gründen. In Essen, wo ebenfalls viele der seit den 70er-Jahren aus dem Libanon geflohenen Mhallamiyes leben, gibt es einen solchen bereits.

Diejenigen, die bereits kriminell sind, würde das wohl kaum beeindrucken, glauben Müller und Krafft-Schöning. Aber die Integration der Kinder könne verhindern, dass sie ihren Vätern und Brüdern folgen.  EIB