: Warlord, der Weltgeschichte schreibt
Man könnte es Thomas Lubanga nachsehen, wenn er sich wundern sollte, dass Kongos Konflikte sich immer an seiner Person festmachen. 2002–03 wurde er als Führer der Miliz „Union kongolesischer Patrioten“ (UPC) im nordostkongolesischen Distrikt Ituri zum Inbegriff des andauernden Krieges im Kongo. Und jetzt landet Lubanga als erster Kriegsverbrecher der Welt vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
Ausgerechnet französisches Militär brachte Lubanga am Freitag in eine Haager Zelle, von wo aus er gestern dem Richter vorgeführt wurde. Frankreich war es gewesen, dessen Truppen an der Spitze einer EU-Militärintervention im Kongo 2003 die mit Ruanda verbündete UPC aus Ituris Hauptstadt Bunia vertrieben hatten.
Und in Den Haag kam Lubanga gestern auch noch vor einen französischen Richter, der ihn nach seinem Beruf fragte – Antwort: „Politiker“ – und den nächsten Verhandlungstermin auf 27. Juni legte. Erst dann wird die Vorverfahrenskammer Lubanga mitteilen, weswegen er überhaupt angeklagt ist. Dabei ist das gar kein Geheimnis: Der am 10. Februar ausgestellte Haftbefehl, am Freitag publik gemacht, wirft ihm die Rekrutierung von Kindersoldaten vor. Es gibt keinen Kriegsführer im Ostkongo, der keine Kindersoldaten rekrutiert hat, aber die anderen werden nicht vom Strafgerichtshof verfolgt; manche von ihnen bekleiden hohe Ämter in Kongos Allparteienregierung.
Geboren am 29. Dezember 1960 im Dorf Jiba in Ituri, trat Lubanga 2001 als Verteidigungsminister der kleinen Rebellenbewegung RCD-ML (Kongolesische Sammlung für Demokratie/Befreiungsbewegung) in Erscheinung, eine von Uganda unterstützte Splittergruppe der proruandischen ostkongolesischen RCD-Rebellen. Nach Massakern an Hema spaltete er sich im Sommer 2002 ab und gründete die UPC, die von „Völkermord“ gegen die Hema sprach und sich in blutige Gefechte mit Milizen des von der RCD-ML unterstützten Lendu-Volkes verwickelte. Ituris Hauptstadt Bunia sowie Ituris Goldminen wechselten 2002–03 mehrfach den Warlord. Lubanga selbst verbrachte sogar einige Monate in Haft.
Nach Frankreichs Eingreifen in Bunia im Sommer 2003 fanden weder Lubanga noch seine Rivalen zu alter Stärke zurück – mit Ausnahme des RCD-ML-Führers Mbusa Nyamwisi, der Minister in Kongos neuer Allparteienregierung wurde. Die UPC spaltete sich. Erneut in Haft geriet Lubanga im März 2005, nachdem Milizionäre in Ituri neun UN-Blauhelme getötet hatten – womit er vermutlich selbst gar nichts zu tun hatte. Jetzt ist er doch noch berühmt geworden: als Symbol.
DOMINIC JOHNSON