: Frauen hauen drauf
Frauen machen der Landesregierung Druck: Alle Lobbyverbände des Landes wollen geschlossen die geplanten Kürzungen verhindern. „Wer die WM bezahlt, muss auch Frauenhäuser stützen“
AUS DÜSSELDORF ANNIKA JOERES
In NRW kämpft ein neues Frauenbündnis: Aus Protest gegen die massiven Kürzungen der Landesregierung haben sich Verbände und Lobbyorganisationen zum FrauenMädchenNetz NRW zusammengeschlossen. „Die Landesregierung macht Politik für die männliche Hälfte der Bevölkerung“, sagte eine der Sprecherinnen, Christine Weinbörner, gestern in Düsseldorf. Vor dem Haushaltsbeschluss im Mai will das Netzwerk mit rund 16.000 Mitgliedern die geplanten Einschnitte bei Frauenhäusern, Mädchenanlaufstellen und Berufsberatungen verhindern.
Dabei scheint das Kind schon fast in den Brunnen gefallen zu sein: Anfang des Jahres musste die Koordinationsstelle Frauengesundheit in Köln und Bad Salzuflen aufgeben, auch das landesweite Institut gegen Frauengewalt in Dortmund hat bereits schließen müssen. Frauenminister Armin Laschet (CDU) hatte zwar zu Beginn der Haushaltsverhandlungen angekündigt, „keine Strukturen zerschlagen“ zu wollen. „In der Realität wurden aber schon Fakten geschaffen“, so Weinbörner.
Seit Anfang des Jahres müssen die 62 Frauenhäuser im Land mit jeweils einer Stelle weniger auskommen. Deshalb müssten sie die Zahl der Betten reduzieren und könnten das Notruftelefon nicht mehr rund um die Uhr besetzen, sagt Hiltrud Limpinsel von der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Frauenhäuser. Dabei ist das Angebot an Betten in NRW im bundesweiten Vergleich schon jetzt schlecht: Hier stehen für 10.000 Einwohnerinnen nur 0,75 Betten zur Verfügung, in Berlin zum Beispiel sind es mehr als doppelt so viele.
Auch die Angebote für Mädchen leiden. Für Beate Vinke von der LAG Mädchenarbeit sind die Kürzungen „unmenschlich“. „Mädchen mit schwierigen Problemen können wir kaum noch helfen.“ In vielen Jugendcafés würden die Mädchentreffs gestrichen, sagt Vinke. „Gerade muslimische Mädchen können dann gar nicht mehr kommen.“ Die Landesregierung spräche immer von den Kindern als Zukunft des Landes. „Aber Mädchen sind die Hälfte dieser Kinder und werden jetzt fallen gelassen.“
Auch die weibliche Karriereförderung wird unter schwarz-gelb gestoppt: Von bisher 42 Beratungsstellen Frau und Beruf in Nordrhein-Westfalen sollen zukünftig nur noch 16 gefördert werden. Statt dessen sollen die örtlichen Industrie-und Handelskammern die Beratung übernehmen. „Frauen sind nicht gewollt auf dem Arbeitsmarkt“, sagt Weinbörner. Sie sieht im Haushalt keine neutralen Einsparungen, sondern politisch motivierte Umschichtungen. „Wer die Reiterstaffel und die Weltmeisterschaft mit Millionen bezuschusst, muss auch für Frauenhäuser Geld locker machen können.“ Ein Problem der Lobbyistin: Von den CDU-Abgeordneten sitzen nur zehn Prozent Frauen. „Bei den männlichen Abgeordneten müssen wir wieder bei Adam und Eva anfangen.“