piwik no script img

Archiv-Artikel

Blüten gegen Geld

Im Frühjahr hat der Rhododendron seinen großen Auftritt – und das vor allem in Bremen, wo man einen ganzen Park mit dem Sumpfgewächs betreibt. Die Stadt versucht, Kapital daraus zu schlagen

von Benno Schirrmeister

Mindestens acht Monate im Jahr ist der Rhododendron ein eher unansehnliches Gemüse. Die fleischigen Blätter sind zwar dauerhaft grün, aber es kommen ständig neue nach, und ebenso viele fallen, welkheitsbedingt, ab. Sie sind klebrig und riechen ziemlich streng. Wenn man es genau nimmt sogar ein bisschen wie Katzenpisse.

Aber im Frühjahr hat der Rosenbaum seinen großen Auftritt. Nach und nach schwellen die Knospen an. Dann platzen sie und die Blüten kommen zum Vorschein, meist ein wenig zerzaust. Auch sie entfalten einen drastischen Duft, die ganze Palette von Rosmarin bis Wachholder und zum Ohnmächtig-Werden süß. Nach Bremen lockt dieses Schauspiel jährlich ganze Busladungen Gartenbegeisterter.

In einem Viertel mit eher distinguierter Siedlungsstruktur gibt es nämlich den weltzweitgrößten Rhododendron-Park. Entstanden ist er auf Betreiben der Deutschen Rhododendron-Gesellschaft, die der Bremer Kaufmann Arnold von Engelbrechten 1935 gegründet hat. In der Mitte des 35 Hektar großen Areals, auf dem 900 Rhododendronarten gedeihen, steht zudem ein didaktisch wertvolles Schau-Gewächshaus mit künstlichem Wasserfall, Multimedia-all-over-Projektion und einem Apparat, an dem man sich gratis Traubenzucker-Drops ziehen kann, wenn man weiß, wie Photosynthese funktioniert. Das hat viel Geld gekostet, in Euro fast 30 Millionen, und ob sich die Investition jemals amortisiert, darf bezweifelt werden: Die „botanica“ krankt an Besuchermangel. Der Park ist, weil Rhodendron ein sensibles Gewächs ist, ausgesprochen pflege-intensiv: Der Unterhalt kostet jährlich rund 4 Millionen. Für den Besuch der „botanica“ muss man acht Euro bezahlen. Der Park war bislang frei zugänglich.

Ab 1. April ändert sich das: Dann wird das Entgelt, das sonst fürs Schaugewächshaus zu zahlen ist, zwischen 9 und 17 Uhr schon beim Eintritt in den Park fällig, 70 Tage lang. Schulkinder mit Ranzen sind von der Gebühr befreit. Ein bisschen wird der Park dafür eingezäunt, und es wird statt sechs nur noch drei Eingänge nebst Kassenhäuschen geben. Das sorgt für Bewegung auf dem Niedriglohnsektor. Und ja, auch für politischen Protest, gestern in Form einer Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft.

Angemeldet hatten diese die Grünen, deren Abgeordnete Karin Mathes den Plan als „Schwachsinn aller erster Güte“ geißelte, mit dem sich Bremen „bundesweit blamiert“. Die Maßnahme sei „fiskalisch nicht sinnvoll“ – weil die Kosten für Zäune, Kassenhäuschen und deren Bewirtschaftung die Einnahmen kaum einspielen würden. Und sie treffe vor allem „Menschen mit geringerem Einkommen“. Außerparlamentarisch kämpfen für die in Bremen erwartungsgemäß der Hausbesitzerverein und die FDP, deren Landesvorsitzender argwöhnt, der Bremer Senat wolle „mit Hilfe des Eintrittsgeldes nur zusätzliches Geld in die Kassen bekommen“. So wird es sein.