„Wir sind durch und durch Punk“

ALT WERDEN Der Kreuzberger Plattenladen für Punk und Hardcore, Core Tex, wird 25. Besitzer David Strempel über Jugend, Bier und Staub auf den Platten

■ 43, ist einer von drei Besitzern des Core Tex. Das erste Mal war er als Jugendlicher im Laden.

taz: Herr Strempel, das Core Tex wird 25. Ist die wilde Jugend endgültig vorbei?

David Strempel: Nee. Das ist immer noch eine schöne Sache hier. Ich habe mir mein Hobby zum Beruf gemacht – das ist ein guter Weg, um sich weiter jugendlich zu fühlen.

Vom wilden Szeneshop zur hippen Shoppingszene – erinnern Sie sich manchmal wehmütig an die 90er?

So viel hat sich gar nicht geändert für uns. Wir verkaufen immer noch, worauf wir Lust haben. Firmen haben oft versucht, sich bei uns mit Werbung an der Fassade breitzumachen, das wollten wir nicht. Es macht aber auch ein bisschen Spaß, hip zu sein: Es fühlt sich gut an, nicht ums Überleben bangen zu müssen.

Kommen noch Stammkunden oder kaufen inzwischen hauptsächlich Touristen bei Ihnen?

Wir sind ein Zuhause für Leute aus der Hardcore- und Punkszene. Momentan hat sich so etwas wie ein Dienstagssaufen bei uns vorm Laden entwickelt: Die Leute kommen nach Feierabend noch auf ein Bier. Manchmal ist das wie ein Jugendklub hier.

Vor Kurzem musste der Plattenladen „Freak Out“ in Prenzlauer Berg dichtmachen. Wie schaffen Sie es, weiterzubestehen? Es gibt kein Patentrezept. 2008 ging es uns richtig schlecht. Damals haben wir beschlossen, den Papierkram von zu Hause aus zu machen, um die Mietkosten für ein Büro zu sparen. Aber wir lieben, was wir machen.

Die Deutschpunkband Wizo singt: „Denn für immer Punk / werd ich sein mein Leben lang / lieber Außenseiter sein / als ein dummes Spießerschwein.“ Lässt sich als Außenseiter genug Geld verdienen?

(lacht) Punk ist doch längst gesellschaftlich geworden. Das ist einerseits schade, aber irgendwie auch ganz normal. Punk sein bedeutet ja auch nicht, nur pinke Haare zu tragen, sondern auch kritisch zu hinterfragen.

Was heißt das für den Laden?

Wir sind durch und durch punk hier. Wenn du mit den Fingern über das CD-Regal fährst, siehst du, wie staubig alles ist. Das ist mir manchmal sogar peinlich.

■ Den Core Tex in der Kreuzberger Oranienstraße gibt es seit 1988, er versteht sich als Szeneladen für Punk und Hardcore. Verkauft werden neben Schallplatten und CDs auch Merchandise-Artikel. Durch einen gleichnamigen Mailorder ist der Core Tex auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt geworden. Am Wochende feiert er sein 25-jähriges Bestehen im SO 36 in der Nachbarschaft. Für Freitag sind internationale Hardcorebands eingeladen, für Samstag mehrere Punkbands. (cgl)

Was wünschen Sie sich für die nächsten 25 Jahre?

Solange es geile Underground-Bands gibt, will ich die fördern und verkaufen, um ihnen Gehör zu verschaffen. Natürlich fragen wir uns mit meinen Kollegen, wie authentisch man mit 40 noch Punkplatten verkaufen kann. Aber inzwischen steht ja auch schon die nächste Generation an der Ladentheke.

INTERVIEW: CEM GÜLER