Stimmungsmache gegen Arbeitslose : Populismus statt Politik
Schuldige waren schnell gefunden: Junge Arbeitssuchende würden in Massen in eigene Wohnungen ziehen, sich Kühlschrank und Fernseher von der Arbeitsverwaltung bezahlen lassen, hatten Nordrhein-Westfalens CDU-Arbeitsminister Karl Josef Laumann und sein Kollege auf Bundesebene, SPD-Vizekanzler Franz Müntefering, im vergangenen Herbst geklagt. Hintergrund der Stimmungsmache: Wegen der immer weiter steigenden Arbeitslosenzahlen wurden die Hartz-Gesetze rund 12 Milliarden Euro teurer als geplant. Münteferings Vorgänger als Arbeitsminister, Nordrhein-Westfalens Ex-Ministerpräsident Wolfgang Clement, hatte schlicht an viel zu optimistische Prognosen geglaubt, war von einer massiven Senkung der Arbeitslosigkeit ausgegangen.
KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA
Von sinkenden Arbeitslosenzahlen durch Hartz spricht heute niemand mehr. Nachweislich falsch ist auch das Märchen von den Massen junger Arbeitsloser, die auf Kosten der Allgemeinheit in eigene Wohnungen ziehen. Dennoch hat die Politik schon gehandelt und die Hartz-Gesetze noch einmal verschärft. Darunter leiden nicht nur junge Arbeitssuchende, die sich nicht aus problematischen Sozialstrukturen lösen können, denen die Chance auf einen selbstbestimmten Neuanfang genommen wird – Opfer sind vielmehr alle Arbeitslosen.
Denn wieder besseres Wissen haben Laumann und Müntefering wieder einmal das Klischee vom faulen Sozialschmarotzer bedient, der es sich auf Kosten aller gut gehen lässt – und so versucht, ihr eigenes Scheitern bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu kaschieren. Die sei nur durch noch mehr Druck auf die sozial Schwächsten, auf die Arbeitslosen selbst, zu senken, so die unterschwellige Botschaft. Und das ist angesichts der Fakten nicht nur unredlich, sondern schäbig. Ein Kurswechsel ist überfällig.