: Kulturforum wird aufgemuntert
KEIN UMZUG FÜR ALTE MEISTER
Für Museumsexperten war die Meldung am Mittwoch natürlich ein Skandal. Da hatte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) verkündet, ihren „Masterplan“ zur Entwicklung der Berliner Museumslandschaft zu kippen. Per großer Rochade sollten die Alten Meister aus der Gemäldegalerie auf die Museumsinsel übersiedeln. Aus dem 400-Millionen-Umzug wird nun aus Geldnöten nichts. Die Alten Meister bleiben, wo sie sind. Zusätzlich erhält das Kulturforum noch ein neues Museum für die Moderne.
Also, Aufschrei! So geht das gar nicht. Denn jedes große Museum in der Welt vereinigt seine Alten Meister – also die Dürers und Rembrandts, Rubens’ und Goyas – mit den Skulpturen des Goldenen Zeitalters in der europäischen Kunst. Erst durch diese Kohärenz, im diesem Kontext, erklären sich die Kunstwerke wirklich, meint die Expertenwelt. Ohne die Gemälde vom Kulturforum bleiben nun die Skulpturen im Bode-Museum weiter solo. Ein Skandal! Höchstens mit der Büste der Nofretete in der Nachbarschaft lassen sich noch – ganz platonisch – Beziehungen herstellen.
Aus kunsthistorischer Sicht sind die Einwände vielleicht berechtigt. Doch ist das für die Rezeption maßgebend? Aus Sicht einer dezentralen Vielfalt der Kulturstandorte in Berlin kann man diesen Beschluss der SPK nur gutheißen. Und: Die Kohärenz zwischen alten und modernen Meistern ist gleichfalls spannend. Zudem vereinigt ein neues Museum neben der Neuen Nationalgalerie die gesamten Berliner Sammlungen des 20. Jahrhunderts. Das ist ein zweites MoMA!
In diesem Jahr wird die Philharmonie 50. Mit ihr begann an der Potsdamer Straße der Wiederaufbau. Aber bis dato ist das Kulturforum dort städtebaulich eine offene Wunde in Berlin. Die Gemäldegalerie, die Neue Nationalgalerie, die Stabi sind architektonische Solitäre: ein Raum ist das Kulturforum nicht. Das wird auch von den Besuchern des Orts so gesehen. Mehr noch, hätte die Stiftung die Alten Meister abgezogen und sich allein auf die Neubauten in Mitte konzentriert, wäre das Kulturforum noch mehr vernachlässigt worden, als es schon ist. Mit der Entscheidung pro Kulturforum, mit dessen architektonischer Aufwertung bietet sich nun die Chance, den Faden der Kunst und Kultur als Mittel der Stadtentwicklung wieder aufzunehmen. Dagegen können selbst Museumsexperten nichts haben, oder?
ROLF LAUTENSCHLÄGER