piwik no script img

vor OrtSIMON LENARTZ über lärmende Nachtflüge während der WM in Dortmund

Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006[TM]ist eine gute Gelegenheit sich zu präsentieren. Auch in Dortmund will man zeigen, was man kann – schließlich gibt es hier WM-Stadion und Medienzentrum. In der WM-Zeit soll daher das so genannte Nachtflugverbot ausgesetzt werden, das im Normalfall Starts und Landungen zwischen 22 und sechs Uhr verbietet.

Lange Zeit haben SPD und Grüne überhaupt nicht über das Thema Nachtflüge verhandeln wollen. Doch CDU-Fraktionschef Frank Hengstenberg warf den anderen Parteien vor, sich nicht klar genug zum WM-Standort Dortmund zu bekennen. Also machte die Dortmunder CDU so lange Druck, bis Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) die Bezirksregierung schließlich um einzelne Ausnahmen bei Flügen nach 22 Uhr bat. Und so kommt es nun auch. „Wir müssen bei den Betriebszeiten flexibel sein, da helfen keine kleinkarierten Dorfdiskussionen“, kritisiert nun Hengstenberg, der für eine generelle Flugerlaubnis bei Nacht war.

Auch die zuständige Aufsichtsbehörde, die Bezirksregierung Münster, war zunächst für eine solche globale Regelung zur WM unter bestimmten Bedingungen. „Für uns wäre es eindeutig praktischer gewesen, generelle Standards für solche Ausnahmen festzulegen“, sagt der Sprecher der Bezirksregierung, Stefan Bergmann, „aber jetzt machen wir es so, wie die Stadt Dortmund es will. Wir werden schon nicht vor Arbeit tot umfallen.“ Nach wochenlangen Querelen hat man sich geeinigt: auf Einzelfallregelungen. „Jedes Flugzeug, das nach 22 Uhr landen will, muss in Dortmund um Erlaubnis fragen“, erklärt Bergmann das Prozedere. „Der Flughafen ruft in Münster an und wir geben dann das Okay, das die Dortmunder an den Piloten weitergeben.“

Unter welchen Bedingungen die Jets im Einzelfall landen dürfen, darüber streiten sich die Beteiligten allerdings noch. Ob die Erlaubnis nur für bestimmte „leise“ Modelle gelten soll oder nur für die Flieger der WM-Mannschaften, ist noch nicht geklärt. „Wir wissen noch nicht einmal, ob wir hier über vier oder vierhundert Flieger pro Monat reden“, sagt Bergmann.

Die Anwohnerin und Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund Unna (SGF), Ursula Wirtz hofft, dass es bei den Nachtflügen „höchstens um eine Zahl im unteren zweistelligen Bereich“ geht. Dass man nicht ganz auf Nachtflüge verzichten kann, ist ihr klar. „Mit dem Kompromiss für die Weltmeisterschaft können wir gut leben. Schließlich ist das ein Jahrhundertereignis.“ Mehr Angst hat sie davor, dass aus der Ausnahme die Regel wird. „Falls es in den nächsten Jahren zum Ausbau der Landebahn kommt, wird sicher wieder über die Verlängerung der Betriebszeiten diskutiert“, glaubt die Flughafengegnerin. „Die Chance ist, dass die Anwohner den Lärm jetzt erleben und sich in Zukunft stärker wehren“, gewinnt sie der Sache sogar etwas Positives ab. Noch bestreiten die Betreiber des Flughafens allerdings, die Landebahn ausbauen zu wollen. Ursula Wirtz ist sich da aber nicht so sicher: „In Dortmund ist alles möglich.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen