: Zu viel der Strafe
DÄNEMARK Der kurdische Sender Roj-TV geht wegen Strafzahlung von 1,35 Millionen Euro in Konkurs
PERNILLE SKIPPER, EINHEITSLISTE
Der von Dänemark aus arbeitende kurdische TV-Sender Roj-TV hat Konkurs angemeldet. Der Schritt sei eine direkte Folge eines Urteils im Juli, mit dem ein dänisches Gericht dem Sender die Lizenz entzogen und eine Geldstrafe von umgerechnet 1,35 Millionen Euro wegen Verstoßes gegen die Antiterrorgesetze auferlegt habe, heißt es in einer Pressemitteilung des Senders. Das Gericht in Kopenhagen hatte Roj-TV vorgeworfen, mit seinen Sendungen die Ziele der kurdischen Partei PKK fördern zu wollen. Und die sei laut Einschätzung der Vereinten Nationen und der EU eine terroristische Organisation.
Zwar hat Roj-TV gegen diese Entscheidung Revision eingelegt, doch weigerte sich das Gericht, die Zahlung der Geldstrafe bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung zu stunden. Man habe versucht, das Geld zusammenzubekommen, erklärte Senderdirektor Imdat Yilmaz. Doch nachdem dies nicht gelang, sei nur der Weg zum Konkursgericht geblieben.
Der dänische Journalistenverband (DJ), der sich seit dem Start von Roj-TV im Jahr 2005 mehrfach für dessen Senderecht starkgemacht hatte, bedauerte diesen Schritt. „Der Konkurs ist leider die Folge eines Urteils, dessen finanzielle Belastungen sehr hart waren“, erklärte der DJ-Vorsitzende Mogens Blicher Bjerregård: Es werde damit verhindert, dass dieser Sender, der weltweit ein wichtiger Informationskanal für eine Bevölkerungsgruppe gewesen sei, weiterhin Teil der Medienlandschaft sein könne. Die Medienvielfalt werde durch dieses Vorgehen leider weiter eingeschränkt.
Für den Medienjournalisten Lasse Jensen ist das Ende von Roj-TV ein Beispiel dafür, wie in den westlichen Ländern die Kontrolle des Staats über die Medien immer weiter zunehme. Unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung würden nun Freiheiten zurückgenommen, die zu entwickeln es Jahrzehnte bedurft habe, schreibt er in der Tageszeitung Information. Das gerichtliche Vorgehen gegen Roj-TV sei Teil eines Kuhhandels gewesen, damit der dänische Exregierungschef Anders Fogh Rasmussen Nato-Generalsekretär habe werden können. Und weil das trotz der dänischen Antiterrorgesetzgebung zunächst nicht gelingen wollte, sei für Roj-TV noch schnell ein Rundfunkgesetz mit einer windelweichen Bestimmung „passend“ gemacht worden, wonach nun eine Lizenz entzogen werden kann, wenn ein Sender „auf irgendeine Weise Terrorismus fördert“.
Die Linkspartei Einheitsliste stimmte ein: „Die Antiterrorgesetzgebung soll uns ja angeblich vor Terroristen schützen“, sagte deren rechtspolitische Sprecherin Pernille Skipper: „Aber nun ist diese Gesetzgebung selbst der massivste Angriff auf unsere Demokratie geworden.“
REINHARD WOLFF, STOCKHOLM