: Die Klarheit der alten Männer
Altonas SPD-Chefin Kristin Alheit im taz-Interview über den Landesvorsitzenden Mathias Petersen, Alt-Bürgermeister Henning Voscherau und die Geräuscharmut der schwarz-grünen Bezirkskoalition
Interview:Sven-Michael Veit
taz: Ihr SPD-Kreis Altona, Frau Alheit, hat sich einstimmig für eine zweite Amtszeit von Mathias Petersen als Parteichef in Hamburg ausgesprochen. Steht damit auch die Hausmacht für einen Spitzenkandidaten Petersen im Bürgerschaftswahlkampf?
Kristin Alheit: Das kann man so sehen. Formal haben wir ihn als unseren Kandidaten für den Parteivorsitz der Hamburger SPD bei der anstehenden Wahl auf dem Landesparteitag am 6. Mai vorgeschlagen. Aber das stärkt Mathias Petersen sicher auch den Rücken für eine Auseinandersetzung mit seinem Konkurrenten Henning Voscherau um die Spitzenkandidatur im Wahlkampf, wenn der denn tatsächlich antritt.
Im Landesvorstand, dem Sie auch angehören, hat Herr Voscherau durchblicken lassen, er würde schon wollen, wenn man ihn bäte.
Ich werde ihn nicht bitten, und der Landesvorstand nach meiner Einschätzung sicher auch nicht. Wer sich für ein Amt bewerben will, muss das schon selbst tun. Junge Frauen bekommen in der SPD von alten Männern immer gesagt, wenn du was werden willst, musst du dich melden. Das muss aber auch für alte Männer gelten: Klarheit schaffen ...
... fordert die junge Frau Alheit von einem alten Genossen?
Klare Ansagen, ja. Dann kann man sich mit dem Thema beschäftigen.
Bleibt es bei einer Mitgliederbefragung, wenn es außer Mathias Petersen noch einen weiteren Bewerber um die Spitzenkandidatur geben sollte?
Es muss in jedem Fall eine breite Beteiligung der Basis geben. Ich sehe nicht, dass der neue Landesvorstand einen anderen Beschluss fassen kann.
Ihnen selbst wurde am Dienstagabend auf der Kreisdelegiertenversammlung ebenfalls der Rücken gestärkt: Wiederwahl als Vorsitzende mit satten 94 Prozent. Ein Traumergebnis?
So viel Zustimmung tut gut, keine Frage. Das motiviert mich zusätzlich, die notwendigen Debatten in der SPD in Altona und auf Landesebene zu führen. Wir müssen mit einem klaren und attraktiven Profil in zwei Jahren vor die Wähler treten können.
Dann sollte die SPD langsam mal damit anfangen.
Wir sind schon voll dabei. Auf der Klausurtagung von Parteivorstand und Bürgerschaftsfraktion an diesem Wochenende werden wir unser Konzept der „Menschlichen Metropole“ präzisieren: Bildung für alle, Kinder-, Familien- und Generationenfreundlichkeit, die sozial gerechte Stadt und Hamburg als Wissensmetropole sind die wichtigsten Themen, über die wir diskutieren. Die Ergebnisse geben wir am Sonntag bekannt.
Das ist die Landesebene ...
Die Programmatik, auf die wir uns verständigen, gilt natürlich auch für die Bezirke. Das müssen wir hier dann auf Altona herunterbrechen und in die Kommunalpolitik einbringen.
Aus der Opposition heraus. In Altona wurde vor zwei Jahren die erste schwarz-grüne Koalition Hamburgs geschlossen.
Und die ist richtig schlecht. Die Bezirkspolitik wird in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen. Schwarz-Grün wurschtelt auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner vor sich hin. Das ist doch eine Unser-Dorf-soll-schöner-werden-Koalition, die überhaupt keine Vision davon hat, wie die Zukunft des Bezirkes aussehen soll. Zum Beispiel die Neugestaltung des Altonaer Volksparkes oder die mögliche Verlagerung des Bahnhofs nach Norden. Das wird alles dem Senat überlassen.
Wir werden klare Vorstellungen entwickeln, wie wir uns Altona – immerhin eine Großstadt mit 240.000 Einwohnern und eben kein Dorf – in zehn und 20 Jahren vorstellen. Damit werden wir bei den Menschen um Zustimmung werben.
Schwarz-Grün in Altona arbeitet doch recht geräuschlos. Spricht das nicht für Harmonie zwischen den Partnern?
Nein. Die bewegen nichts, weil sie alle möglichen Widersprüche eben zukleistern. Und wer sich nicht bewegt, macht auch keine Geräusche. CDU und GAL haben vor allem das Interesse, dieses Bündnis zu einem Erfolg zu machen, sei es auch nur ein Scheinerfolg. Das soll ein Modell für größere Aufgaben sein, deshalb wollen sie es um keinen Preis scheitern lassen.
Die Altonaer SPD-Fraktion hat voriges Jahr eine Pressemitteilung des GAL-Kreisvorstandes, die wir inhaltlich teilten, zu einem Antrag in der Bezirksversammlung gemacht. Und die Grünen dort haben diesen abgelehnt! Mir fehlt die Phantasie, um diesen politischen Spagat zu verstehen.
Klingt so, als ob Rot-Grün für Sie an Reiz verloren hätte?
Wir arbeiten daran, die SPD wieder zu einer attraktiven Partei zu machen, an der kein Weg vorbei geht. Und wenn wir einen Koalitionspartner brauchen, muss das einer sein, mit dem wir unsere Ziele und Inhalte verwirklichen können.
Ich habe keine Lust auf eine Große Koalition, aber ich will auch nicht krampfhaft zu Rot-Grün zurück. Das Wichtigste ist, dass Altona wieder rot wird.