betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Die Theaterferien sind nun definitiv vorüber. Die ersten Megapremieren stehen auf den Plan: im Deutschen Theater zum Beispiel, wo Stephan Kimmig am Freitag die Spielzeit mit dem Doppelabend „Demetrius / Hieron. Vollkommene Welt“ eröffnet wird. „Demetrius“ ist ein Dramenfragment von Friedrich Schiller, das die Geschichte eines Betrügers erzählt: jenes Demetrius eben, der Anfang des 17. Jahrhunderts für kurze Zeit Zar von Russland war und seine Macht mit der Lüge errang, ein Sohn Iwans des Schrecklichen zu sein. Dieser Betrug hielt so lange, bis der Mörder des echten Demetrius ihn enthüllte und der entzauberte falsche Zar bei einem Volksaufstand ermordet wurde. „Hieron. Vollkommene Welt“, Teil zwei des Abends, ist ein Stück des jungen Dramatikers Mario Salazar, der darin die Fabel eines fiktiven Staats erzählt, ein Produktivitätsparadies, in dem Arbeitslose hingerichtet werden. Der Doppelabend stimmt auf das Spielzeitmotto „Demokratie und Krieg“ ein. In vielen Produktionen wird also im Deutschen Theater auf die von zwei Seiten in die Enge getriebene Staatsform „Demokratie“ geblickt, die vom Neoliberalismus ebenso bedroht wird wie von religiösem Fundamentalismus und rechtpopulistischem Fanatismus. „Agonie“ heißt die zweite Eröffnungspremiere in der Schumannstraße. Mit diesem Abend blickt das theatralische Duo Infernal Jürgen Kuttner und Tom Kühnel zurück auf das Jahr 1914, in die Zeit kurz bevor der Erste Weltkrieg (und bald auch die Russische Revolution) ausgebrochen sind. Auch hier geht es um einen sinistren Visionär (und Betrüger) namens Rasputin. Lenin kommt auch vor. Aber sehen Sie selbst! (Deutsches Theater: „Demetrius / Hieron. Vollkommene Welt“, ab 30. 8., Kammerspiele des Deutschen Theaters: „Agonie“, ab 1. 9.)

Auch die Schaubühne befasst sich mit Machthabern und Revolten. Und zwar in Marius von Mayenburgs Shakespeare-Inszenierung „Viel Lärm um nichts“. (Schaubühne: „Viel Lärm um nichts“, ab 31. 8.)

Beim Tanz im August zeigt Jochen Roller seit Dienstag seine neue Arbeit „Trachtenbummler“, in der er sich deutschem Brauchtum mit ethnologischem Blick nähert und dabei auch auf den Widerspruch weist, dass Folklore hierzulande nationalistisch verseucht, in anderen Regionen der Welt wie der Südsee hingegen wichtiger identitätspolitischer Pfeiler ist. (Sophiensäle: „Trachtenbummler“, 29. 8., 30. 8., jeweils 20.00 Uhr). Am Freitag stellt bei „Tanz im August“ der Regisseur und Choreograf Laurent Chétouane seinen Abend „15 Variationen über das Offene“ vor. (HAU 1: „15 Variationen über das Offene“, 30. 8., 31. 8. Jeweils 20.00 Uhr)