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Archiv-Artikel

Brömmes Comeback

CDU nominiert den jungen, gescheitelten, erfolgreichen Anwalt Hendrik Wüst als neuen NRW-Generalsekretär

Doktor Udo Brömme ist wieder da. Als CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers am Freitag Abend den 30-jährigen Landtagsabgeordneten Hendrik Wüst als neuen NRW-Generalsekretär präsentierte, erinnerte vieles an den fiktiven CDU-Jungpolitiker aus der Harald-Schmidt-Show. Wie Udo Brömme ist Hendrik Wüst jung, erfolgreich und stets akkurat gescheitelt. Auch das wie auf Knopfdruck abrufbare Dauergrinsen des neuen Parteimanagers wirkt wie abgeguckt bei der TV-Comedyfigur mit dem politischen Yuppie-Gehabe.

Jürgen Rüttgers ist sich also treu geblieben: Ähnlich wie in der Staatskanzlei setzt er nun auch im Parteiapparat auf die Jugend. Zugleich geht der Ministerpräsident aber auf Nummer Sicher: Hendrik Wüst, der sein Amt am 1. April antritt und auf einem Parteitag im Herbst offiziell gewählt werden soll, ist trotz seiner Jugend ein erfahrener Politiker. Seit 1992 gehört er der CDU in Rhede (Kreis Borken) an, seit 12 Jahren ist er Stadtverordneter in dem münsterländischen Ort.

„Der war doch nie jung“, lästern Düsseldorfer Landtagskorrespondenten über den hoch gewachsenen Ex-Handballer, früheren Messdiener und Hobby-Jäger, der mit seiner gutbürgerlich-korrekten Kleidung manchmal aussieht wie ein männliches Modell aus einem Reklameheft für Peek&Cloppenburg-Herrenmode.

Politisch zu denken und zu argumentieren gelernt hat er wohl als Gymnasiast in der größeren Nachbarstadt Bocholt. Mitte der 90er Jahre lieferte sich Wüst regelmäßige Wortgefechte mit linken Schulkollegen in der Oberstufe. „Hendrik hatte im Leistungskurs Geschichte keinen ganz leichten Stand“, erinnert sich ein Klassenkamerad aus jener Zeit. Gegen Jusos und andere Linke habe Wüst tapfer argumentiert und nie zurückgesteckt – auch nicht gegen SPD-nahe Lehrer. „Das war immer sehr unterhaltsam, zumal Hendrik meistens allein da stand mit seiner Position“, so der Ex-Schulfreund. Als parteipolitischer Eiferer im CDU-Sinne sei Wüst aber nie aufgefallen, eher als jemand mit wertkonservativen Einstellungen.

Während und nach der Schul- und Studienzeit machte Wüst Karriere bei der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union. Im Jahr 2000 wurde er zum Landesvorsitzenden der JU in NRW gewählt, zwei Jahre später rückte er in den Bundesvorstand der CDU auf. Seit dem Wahlsieg der CDU-NRW im vergangenen Mai ist Wüst Landtagsabgeordneter und Justiziar seiner Fraktion.

Dass Karrierestreben und öffentliches Rebellentum zum Politikstil der Jungen Union gehören, bewies bereits JU-Bundeschef Philipp Mißfelder, zu dem Wüst ein freundschaftliches Verhältnis und ein gemeinsames Faible für neokonservativ-marktliberale Politik unterstellt wird. Mißfelder war dadurch bekannt geworden, dass er im Jahr 2003 sagte, es sei nicht nachvollziehbar, dass „85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen“. Auch Wüst leistete sich eine vergleichbare, wahrscheinlich kalkulierte Provokation. 2004 titelte Bild über „Ekel-Jobs“ für Arbeitslose. Wüst hatte zu dem Blatt gesagt: „Warum sollen Arbeitslose nicht Spielplätze sauber halten, die häufig mit Hundekot, Glasscherben und Drogenspritzen verschmutzt sind?“ Hinterher soll sich Wüst im kleinen Kreis über die Schlagzeilen gefreut haben, auf seiner Internetseite präsentiert er dazu eine 15-seitige Presseschau.

Jochen Reck, sein Vorgänger als Generalsekretär, war öffentlich weitgehend unbekannt. Hendrik Wüst dürfte das nicht passieren. MARTIN TEIGELER