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Archiv-Artikel

Calmund im Visier

Wurde in der Bundesliga manipuliert? Die Staatsanwalt- schaft spricht von substanziellen Verdachtsmomenten

Von OT

STUTTGART taz ■ Kein Mensch kann alles tragen, was ihm aufgeladen wird. Rudi Völler zum Beispiel. Der Sportdirektor von Bayer Leverkusen wirkte, als habe einer die ganze Last der Welt auf seine Schultern geladen. Gramgebeugt schritt Völler von dannen, den Blick gesenkt, das Gesicht wie in Beton gegossen. Michael Skibbe dagegen, der Trainer von Bayer, grinste breit und fragte im Kabinengang: „Ist noch was zu tragen?“ Es war nichts mehr zu tragen, nichts mehr, was er hätte erledigen können. Die Sieger aus Leverkusen waren längst davongeeilt. Mit drei Punkten und ihrem Gepäck – eine beklemmende Atmosphäre als treuen Begleiter an ihrer Seite. „Vage Behauptungen“ nannte es Wolfgang Holzhäuser, der Geschäftsführer von Bayer. Er habe „keine Kenntnis von derartigen Manipulationen“. Man habe eine ungerechtfertigte Lawine losgetreten. „Verwunderliche Aussagen“, so bezeichnete Holzhäuser die Äußerungen des Kölner Oberstaatsanwaltes Günther Feldt. Der hatte von „Verdachtsmomenten mit Substanz“ gesprochen und sogar gesagt: „Das ist mehr als heiße Luft, da geht es um einen handfesten Verdacht“.

Es geht um Bayer Leverkusen und seinen ehemaligen Manager Reiner Calmund, der durch Gerüchte in den Verdacht geraten ist, Spiele beeinflusst zu haben, damit sein Klub nicht absteigen muss. Sowohl der Spiegel als auch Focus und Süddeutsche Zeitung berichten über Spiele, die mit Geldzahlungen in die richtige Richtung gelenkt worden sein sollen, so die Partie Leverkusen – 1860 München (3:0) am 17. Mai der Saison 2002/2003, als Bayer im Abstiegskampf steckte. Focus nennt weitere Partien, unter anderem das Eröffnungsspiel in der neuen Münchner Allianz-Arena, 1860 München gegen Nürnberg.

In Leverkusen steht derweil Reiner Calmund am Pranger, der 580.000 Euro weitergegeben haben soll. Calmund, so der Spiegel, habe in einem vertraulichen Gespräch im Mai 2004 angedeutet, vom ehemaligen Profi und heutigem Spielerberater Volker Graul angesprochen worden zu sein, „da etwas machen zu können“. Der Exmanager ließ alle Verdächtigungen durch seinen Anwalt Stefan Seitz zurückweisen. Als „haltlos“ bezeichnete Seitz die neuesten Vorwürfe. Calmund betont, das Geld sei für Vorkaufsrechte an Spielern eingesetzt worden. „Ich bin froh, die kommende Woche vor der Staatsanwaltschaft aussagen zu können“, sagte Calmund. Vor ein paar Wochen waren Gerüchte im Spiegel aufgetaucht, die 580.000 Euro aus Leverkusen seien an Graul und dessen Klienten Ansgar Brinkmann geflossen. Inzwischen wird wegen Untreue gegen Calmund und Graul ermittelt. Die Leverkusener sollen vorsorglich ein Rechtsgutachten eingeholt haben, das etwaige Konsequenzen abklopft, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten. „Es ist ein schwebendes Verfahren, in dem es um mögliche Untreue geht, nicht um Manipulation“, sagte Holzhäuser.

Michael Skibbe, der mit seinem Team wieder in die Reichweite der Uefa-Cup-Plätze kletterte, schlenderte derweil ohne Lasten zum Mannschaftsbus. „Das interessiert uns nicht und bringt keine Unruhe in mein Team“, sagte Skibbe.

OT