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: Nach „Requiem“

„die story: Satan lebt“, 22.30 Uhr, WDR

Der Teufel spricht Dialekt. Dem Zungenschlag nach kommt er vom Untermain. Dort, im Örtchen Klingenberg, soll er Mitte der Siebzigerjahre Besitz von einer jungen Frau ergriffen haben, die schließlich 1976 nach einem monatelangen Exorzismus abgemagert, entkräftet und zerschunden in ihrem Elternhaus gestorben ist. Vorher hatte sie ihre Peiniger angefleht, ihr die Sterbesakramente zu erteilen. Ihr gepresstes Fauchen, scharf wie Rasierklingen, ist einem kraftlosen Nuscheln gewichen.

Fünf Monate vor ihrem Tod hatte Anneliese Michel gesagt: „Ach Pater, ich hätte mir nie gedacht, dass das so grausam ist.“ Da hatte ihr Leiden gerade erst begonnen.

Mit diesen beiden beklemmenden Tondokumenten endet Helge Cramers beeindruckendes Feature „Satan lebt – die Rückkehr des Exorzismus“. Mal abgesehen von der Tatsache, dass der Vatikan wieder neue Teufelsaustreiber ausbildet, ist es vor allem eine mediale Rückkehr, ausgelöst durch Hans-Christian Schmids Film „Requiem“, der auf Anneliese Michels Martyrium basiert. Daraufhin schickten allerlei Redaktionen Reporter und Kamerateams nach Klingenberg, die wenig Erhellendes zurückbrachten. Auch Helge Cramer steht letztlich fassungslos vor diesem Rückfall ins Mittelalter und doch sticht sein Film aus dem faden medialen Brei heraus. Das liegt zum einen an den drastischen Tondokumenten, den im Kontrast dazu nüchternen Schilderungen Cramers, vor allem aber an den zahlreichen Interviewsequenzen: 1978 hat Cramer die Eltern von Anneliese Michel und ihre anderen Peiniger, die Exorzisten, vor die Kamera gekriegt, 2006 vor allem alte Bekannte, von denen keiner eingriff, keiner die Tortur beendete.

„Freunde, Familie und Verlobter wohnten dem Exorzismus bei, zwei-, dreimal die Woche“, heißt es im Film. „Im Anschluss knipste Pater Renz dann gerne fröhliche Familienfotos.“ Gruselig. DENK