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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Deutschbankier Ackermann hat für seine 18 Prozent Lohnerhöhung konsequent durchgestreikt – gegen die Sozialverpflichtung im Grundgesetz. Und die niedergelassenen Ärzte sollen ruhig auch streiken. Die Patienten danken’s

Von WG
„Niemand darf gezwungen werden, sich für vaterländisches Bildungsgut zu interessieren. Der hessische Test ist insofern in sich verfassungswidrig“

taz: Was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küpperbusch: Politik wirkt wie Vollgas bei ausgekuppeltem Gang; man sehnt sich die Nach-Landtagswahlen-Zeit herbei, um langsam mal zu sehen, woran man mit dieser Bundesregierung ist.

Was wird besser in dieser?

Ebendies.

Das Salär von Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, ist 2005 um 18 Prozent auf 11,9 Millionen Euro gestiegen. Ist das die Erfolgsprämie für den Abbau tausender Stellen?

Wieso? Das motiviert die Kampfkraft der Arbeiterklasse. Ackermann hat eine achtzehnprozentige Gehaltsforderung durchgesetzt, indem er konsequent durchstreikt: hier gegen die Grundgesetzklausel, wonach Eigentum verpflichte.

Ein Lehrer im Hessischen hat via Leserbrief der taz mitgeteilt: In seiner 11. Klasse hat nur knapp ein Drittel seiner Schüler den von der Landesregierung vorgelegten Einbürgerungstest fehlerlos bestanden. Überrascht uns das?

Unionsstrategen weisen darauf hin, dass schon bei halber Punktzahl eingebürgert werde. Wenn der Test im Lehrplan zu einer Solidarisierung mit Migranten beiträgt, finde ich das eine gute Idee. Sie täuscht aber nicht darüber hinweg: Zu den grundgesetzlich garantierten Freiheiten gehört auch die, sich einen Dreck für vaterländisches Bildungsgut zu interessieren. Darin ist der Test in sich verfassungswidrig. Interessanter Aspekt: Das notorische Bedürfnis der Obrigkeitsstaatler, Bevölkerungsgruppen durch Überprüfung zu diskriminieren, hat sich vom DKP-Briefträger zum Zuwanderer verlagert.

Nach den Ärzten in den Kliniken streiken jetzt auch die niedergelassenen Ärzte. Sollen sie?

Macht mal wer eine Pisa-ähnliche Studie zur ärztlichen Versorgung in Deutschland? Nach meinem Augenschein ist deren Güte längst so abhängig von der Klassenzugehörigkeit, wie es uns im Bildungsbereich schockiert. Der niedergelassene Allgemeinarzt zumindest, der Doktor um die Ecke, sorgt für die Aldi-Fraktion der Behandlungsbedürftigen. Dort wird angeführt, dass die Verwaltungskosten der Kassen inzwischen höher liegen als die Arzt-Honorare. Kurz: Ich würde meinem Hausarzt dringend raten, sich auch in meinem Interesse zu wehren.

Im Jahresschnitt 2005 haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes knapp 60 Prozent aller Beschäftigten weniger als 35 Stunden pro Woche gearbeitet. Ist das der Abschied vom Vollerwerbssystem?

Schlüsselzahl ist die der Erwerbstätigen. Mit einem Mix aus Voll- und Teilzeitarbeit kann die Gesellschaft zum Beispiel Erziehungsaufgaben besser wahrnehmen. Hinter der deutschen Zahl hingegen verbergen sich 400-Euro-Jobs und alle möglichen erwerbsschwachen Konstrukte.

Gestern wählte auch die Ukraine. Die Umfrageinstitute sehen ziemlich schwarz für die vor 15 Monaten erfolgreichen Revolutionäre in Orange. Welche Farbe kann folgen?

Julia Timoschenko und Wiktor Juschtschenko, die den Aufstand gegen den Wahlbetrug gemeinsam anführten, treten gegeneinander an. Ob der Wähler sie zur Vernunft – vulgo: Koalition – zwingt oder sie mit dem Fälscher Janukowitsch dealen, hängt von dessen Ergebnis ab. In Prognosen lag er bizarrerweise vorn.

In der Hauptstadt Kiew kandidiert Exboxweltmeister Vitali Klitschko für das Bürgermeisteramt. Wer geht zu Boden?

Die Familie Klitschko verweist in der Bio ihrer ruhmreichen Söhne darauf, im vergangenen Jahrhundert vom Zaren über alle KPdSU-Führer bis zu Gorbatschow stets als loyale Berufssoldaten gedient zu haben. Wenn die Jungs jetzt mal ihr eigenes Ding machen, statt weiter in der Familientradition für Geld in jede geforderte Richtung Gewalt anzuwenden, wäre das ein schöner Fortschritt.

Und was macht Borussia Dortmund?

Endlich die Tore, die der oft überlegenen Spielweise bisher meist fehlten. Aber ausgerechnet zu Gunsten der Bayern gegen Verfolger HSV. Wenn eh schon Liga-Spiele verschoben werden, dann doch wohl so eins, bitte.

FRAGEN: WG