: Dienstwagen-Affäre eskaliert
STAATSSEKRETÄR RAFFZAHN Dass sie den umstrittenen Staatssekretär Paschedag abserviert hat, nützt der rot-grünen Regierung in Hannover nichts – jetzt treibt die Opposition sie mit einem Untersuchungsausschuss vor sich her
Bei Rot-Grün in Niedersachsen kehrt keine Ruhe ein. Nach dem Rauswurf des Problem-Staatssekretärs Udo Paschedag (Grüne) durch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Donnerstag wollen CDU und FDP jetzt einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss – wegen „offener Fragen“ zu Gehaltszulagen, Luxus-Dienstwagen und einer Klimaanlage für den ranghöchsten Mitarbeiter des grünen Agrarministers Christian Meyer. Dass der Ausschuss kommt, ist wahrscheinlich: Um ihn einzurichten, genügt ein Fünftel der Abgeordnetenstimmen; CDU und FDP haben zusammen nur eine Stimme weniger als Rot-Grün.
SPD und Grüne, die die schwarz-gelbe Vorgängerregierung noch zu Oppositionszeiten in der Gratisurlaubs- und Promi-Party-Affäre um Ex-Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hartnäckig gelöchert hatten, müssen sich nun selbst zu Begünstigungen und Extras in ihren Reihen befragen lassen. Nur sechs Monate nach Regierungsantritt ist gar von der ersten Koalitionskrise die Rede.
Geflogen ist Paschedag nach wochenlanger Kritik schlussendlich wegen eines schriftlichen Vermerks, den Regierungschef Weil am Donnerstag öffentlich machte: Er und Minister Meyer hätten einem Audi A 8 als Dienstwagen zugestimmt, notiert Paschedag darin. „Das trifft nicht zu, worauf ich Wert legen muss“, erklärte Weil. Staatssekretären steht nur ein Mittelklassewagen zu, zudem rühmt sich das rot-grüne Kabinett des Umstiegs auf klimafreundliche Autos.
Nicht nur der A 8 hat Paschedag in Verruf gebracht. Auch eine Klimaanlage, die der Grüne eigens in sein Büro einbauen ließ, und seine höhere Besoldung hatten bei Opposition und Landespresse für Empörung gesorgt. Er erhielt in der Besoldungsstufe B 10 rund 11.300 Euro im Monat statt wie üblich 9.600 Euro in der Stufe B 9. Erklärt wurde das mit einer „Kommunikationspanne“ bei der Versetzung aus Nordrhein-Westfalen, wo Paschedag zuvor Agrar-Staatssekretär war: Anders als von Niedersachsen beantragt, habe man die Versetzung dort nicht aus privaten, sondern aus dienstlichen Gründen verbucht. Eine Rückstufung ist dann besoldungsrechtlich nicht möglich. Rot-Grün in Hannover segnete das per Kabinettsbeschluss ab.
Nachhaken will die Opposition im Untersuchungsausschuss nicht nur beim Thema Besoldung. Unklar ist auch, wer wann von Paschedags angeblich fälschlichem Vermerk wusste. Agrarminister Meyer musste bereits einräumen, er habe schon vor zwei Wochen davon erfahren. Den Behauptungen seines Staatssekretärs ging er aber offenbar weder nach noch meldete er sie dem Regierungschef. Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) soll Weil schließlich über den Vermerk informiert haben. Er habe die „Relevanz“ unterschätzt, gibt Meyer an. Die Opposition fordert seinen Rücktritt, Weil sprach ihm dennoch sein „absolutes“ Vertrauen aus. Wäre Meyer Fußballtrainer, müsste man jetzt anfangen, sich ernste Sorgen um ihn zu machen. THA