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Archiv-Artikel

Hart und nicht fair

KOPF Stefan Raab ist der Joker beim TV-Duell

Es war gewiss nicht der geringste Fehler des Kandidaten Steinbrück, diesen Moderator nicht für das „Duell“ gegen Kanzlerin Merkel zu wollen. Nein, Stefan Raab, wenn man des Sozialdemokraten Kommentar weitgehend zusammenfasst, könne er als Teil der Frageriege nicht akzeptieren. Das klang, als hielte er sich für zu schade, um beim feinsinnigen Politstreit von einem streitlustigen Entertainer einvernommen zu werden.

Davon abgesehen, dass man sich fragte, ob in der SPD-Kampagnenzentrale denn niemand weiß, dass einer wie Steinbrück vielleicht am besten mit einem Raab als Konterpart funktionieren würde, war die Entrüstung über den Pro7-Star von eben jener Hochmütigkeit, die das Publikum gerade bei Sozialdemokraten so gar nicht schätzt. Aber wahr ist auch: Das gebildete Volk versteht sehr wohl, dass mit Stefan Raab eine Tonlage in die wichtigste politische Wahldebatte einziehen könnte, die nicht so recht passt zu den wohltimbrierten Stimmlagen aller Wills, Klöppels und Illners – staatstragend, ausgewogen und fair. Was man an Raab nicht mag, ist womöglich seine Aura des Kämpfers, des Intervenierers, des Streithansels, des argumentativen Flachlegers – und dass er, der mit „TV total“ seit unüberblickbar vielen Jahren eine eigene Talkshow im Fernsehen hat, das kann, beweist dieser Mann in seiner Politstreitsendung „Absolute Mehrheit“. Da geht es wirklich anders zur Sache, da müssen die Kandidaten aus den Parteien miteinander zanken, auf dass sie das Televoting gewinnen. Keineswegs ausgeschlossen, dass da einer der Linkspartei über einen SPD- oder CDU-Menschen siegt.

Raab hat in seiner Karriere bislang jede seiner Shows als Rivalität ausgetragen, sei es eine Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest, die Wok-WM, Biathlon oder jetzt eben bei Politischem. Das Motto ist stets das Gleiche, und das Publikum goutiert das sehr: „Schlag den Raab!“

Der Kölner „Demokrat aus kämpferischer Leidenschaft“ ist am Sonntag beim „Duell“ nur einer Gefahr ausgesetzt – die seinem Nimbus als Klarsprecher gerade beim nichtbildungsbürgerlichen Volk schaden kann. Dass er nämlich einfach aufgesogen wird vom takt- wie geschmackvollen Stil seiner drei KollegInnen aus den Moderationsplätzen; dass er sich deren Tonlage anschließen muss, um nicht plötzlich als Flegel und Unruhestifter dazustehen. Es wäre zu und zu schade. JAN FEDDERSEN