: Burundis Friedensprozess rutscht in die Krise
Zweitgrößte Partei Burundis verlässt Allparteienregierung. Rivalität zwischen Hutu-geführten Formationen nimmt zu
BERLIN taz ■ In Burundi ist die schwerste politische Krise seit dem endgültigen Ende des Bürgerkrieges vergangenes Jahr ausgebrochen. Die zweitgrößte Partei des Landes, die „Front für Demokratie in Burundi“ (Frodebu), erklärte Ende letzter Woche ihren Austritt aus der Allparteienregierung, in der alle politischen Gruppen Burundis gemeinsam regieren und die Ämter nach festem Schlüssel zwischen Hutu und Tutsi teilen. Die Frodebu, Anfang der 90er-Jahre als politische Vertretung der Hutu gegen die damalige Tutsi-Militärdiktatur entstanden, begründete ihren Schritt unter anderem mit „Verletzungen der Verfassung“ und „mangelndem Willen zur Friedenssuche“ seitens Staatschef Pierre Nkurunziza. Er kommt aus der größten Hutu-Rebellenbewegung FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie).
Der Austritt der Frodebu sei „seit Monaten erwartet“ gewesen, kommentierte gestern die burundische Nachrichtenagentur Umuco. Dennoch schwächt er Burundis Friedensprozess, der international als Modell eines gerechten Ausgleichs zwischen verfeindeten Hutu und Tutsi gefeiert worden ist, in einer entscheidenden Phase. 1993 bis 2005 hatte Burundis Bürgerkrieg 300.000 der sechs Millionen Einwohner das Leben gekostet. In dieser Zeit stand die Frodebu eher für Dialog mit der damaligen Tutsi-Regierung, während die FDD auf Krieg setzte. Frodebu hat es nie verwunden, dass der Friedensprozess und die Wahlen von 2005 nun nicht ihr die Macht gaben, sondern den FDD-Rebellen. Die Frodebu erhielt lediglich drei niederrangige Ministerposten – für Umwelt, Landwirtschaft und Gesundheit.
Einzelne Teile der Partei haben sich seitdem aus Verärgerung der einzigen noch kämpfenden Hutu-Rebellenbewegung FNL (Nationale Befreiungsfront) angeschlossen, die ihre Aktivitäten in den letzten Monaten ausgeweitet hat. Andere Frodebu-Kader werfen der FDD, die zusammen mit ihrem politischen Arm offiziell als FDD-CNDD antritt, Korruption und Machtmissbrauch vor. Und eine Dürre hat seit Ende 2005 zu einer schweren Hungersnot im Norden und Osten Burundis geführt.
Menschenrechtler werfen den FDD-Kämpfern vor, seit ihrer Integration in Burundis Regierungsarmee unter dem Deckmantel des Krieges gegen die verbleibenden Hutu-Rebellen massive Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Dies bestätigt der jüngste UN-Lagebericht vom 21. März, in dem UN-Generalsekretär Kofi Annan einen kompletten Abzug der seit 2003 in Burundi stationierten UN-Blauhelmtruppe bis Ende des Jahres empfiehlt. Die UNO hat ihre militärische Kapazität in Burundi seit Sommer 2005 bereits um 40 Prozent verringert.
Die Regierung hat in einer ersten Reaktion erklärt, sie gehe davon aus, die Frodebu-Minister seien noch im Amt, und führte deren Regierungsaustritt auf interne Probleme der Partei zurück. Sollte die Frodebu ihren Austritt aus der Regierung nicht rückgängig machen, dürfte allerdings die sich anbahnende Allianz zwischen FNL-Rebellen und Frodebu zum ernsten Problem werden. In ihrer Austrittserklärung wirft die Partei der Regierung vor, nicht auf das Angebot der FNL eingegangen zu sein, bedingungslose Friedensgespräche zu beginnen. Dies hatten die Rebellen Mitte März angeboten. Die Regierung hatte erwidert, die Rebellen könnten nicht bestimmen, unter welchen Bedingungen Gespräche stattfinden können. DOMINIC JOHNSON